Das Jahreshandy
Alle reden vom Ressourcensparen – Vodafone hingegen belohnt die Wegwerfmentalität.
Alle reden vom Ressourcensparen – Vodafone hingegen belohnt die Wegwerfmentalität.
„Jedes Jahr ein neues Smartphone“, wirbt Vodafone neuerdings. Mit anderen Worten: Alle reden vom Ressourcensparen, nur wir nicht. Wenn die geplante Obsoleszenz etwas nicht von alleine schafft, helfen wir ihr nach.
Da nutzt es auch nichts, dass der Nutzer sein „altes“ Handy beim Tausch gegen ein Neugerät abgeben muss. Laut Vodafone dienen die eingesammelten Smartphones zum Teil als Austauschgerät bei Reparaturen, der Rest wird recycelt. Das bedeutet eine gewaltige Ressourcenverschwendung, denn Seltene Erden können nur sehr schwer wiedergewonnen werden.
Dabei kann ich den Wunsch, regelmäßig ein neues Handy zu bekommen, durchaus verstehen. Anders ist es ja Android-Nutzern offenbar nicht möglich, an aktuelle Software zu kommen. Ich besitze ein nicht besonders exotisches Smartphone, dessen Android-Version 4.2.2. schon bei Auslieferung veraltet war. Auf der Cebit zuckte das Personal des Herstellers nur mit den Schultern, als ich nach einem ungefähren Termin für das Update fragte.
Was ist da bloß schiefgelaufen in dieser Branche? Bei den PCs funktionierte es doch noch: Modulare Komponenten, die sich einfach austauschen und nachrüsten lassen, ließen die Rechner wenigstens in paar Saisons überstehen. Zugegeben: Das Konzept lässt sich nicht einfach auf mobile Geräte übertragen, denn austauschbare Hardware würde sie klobiger machen, und auch ich liebe schlanke Smartphones.
Doch wenigstens auf der Softwareseite dürfte man als Kunde doch etwas mehr Nachhaltigkeit erwarten. Ein gut zehn Jahre altes XP-Notebook habe ich kürzlich durch den Umstieg auf Ubuntu wieder ganz passabel ans Laufen gekriegt. Warum ist das bei Smartphones nicht genauso einfach? In der aktuellen c’t wird haarklein beschrieben, wie sich ein Smartphone „flashen“ und mit einem neuen unabhängigen Betriebssystem wie CyanogenMod bespielen lässt. Doch wer das Herumfrickeln nicht um seiner selbst willen liebt, der dürfte lieber gleich zu einem neuen Gerät greifen – besonders, wenn er es geradezu aufgenötigt bekommt.
Zudem leiden die meist nichtkommerziellen Entwickler solcher Alternativ-Androids ("Custom-ROMs") unter dem gleichen Problem wie die Hersteller selbst: Es gibt für jedes einzelne Modell eine eigene Betriebssystem-Variante, weil die OEMs ihre Handys gerne mit zusammengewürfelten Hardwarekomponenten bestücken und ihre eigenen Benutzeroberflächen darüberstülpen.
Angesichts dessen ist es eine Frechheit, dass Nutzer ihre Handys erst hacken müssen, um ein neues Betriebssystem aufzuspielen. Wenn die Smartphone-Hersteller es schon nicht auf die Reihe bekommen, ein ähnlich durchgängiges Ökosystem wie beim PC zu schaffen, und sich dann auch noch selbst in ihren Sonderlösungen verstricken, sollten sie zumindest die Selbsthilfe nicht künstlich erschweren. (grh)