Firmenprofil: Tarent - Open-Source-Entwicklung im Kundeninteresse

Der mittelständische Software-Hersteller Tarent entwickelt Software im Kundenauftrag. Immer häufiger handelt es sich dabei um Open-Source-Software, was den Kunden wie dem Unternehmen Vorteile bietet.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
  • Dr. Oliver Diedrich
Inhaltsverzeichnis

Die Tarent GmbH ist ein mittelständisches Unternehmen mit Sitz in Bonn. Die 15 Festangestellten erwirtschaften in diesem Jahr einen Umsatz von zirka einer Million Euro. Seit neun Jahren ist das Unternehmen im Geschäft, seit zirka vier Jahren entwickelt es hauptsächlich Open-Source-Software. Tarent expandiert: 2003 wurde eine Niederlassung in Berlin eröffnet. Zu den Kunden gehören beispielsweise das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das Bundesjustizministerin und die Siemens Betriebskrankenkasse.

Tarent hat sich auf die Datenintegration spezialisiert. Im Serverbereich entwickelt die Firma Lösungen, um Daten aus verschiedenen Quellen zu erfassen und verfügbar zu machen. Für den Desktop entwickelt Tarent Programme, die diese Daten in Office-Anwendungen verfügbar machen. Dabei legt die Firma Wert auf Plattformunabhängigkeit: Die Desktop-Software wird in Java realisiert.

Tarent erwirtschaftet seine Umsätze mit der Anwendungsentwicklung. Das Offenlegen des Quelltextes der Software ist schon lange Teil des Geschäftsmodells der mittelständischen Firma. Besonders Behörden bestehen darauf, die Software im Quelltext geliefert zu bekommen. Früher war das Verfahren der Quelltexthinterlegung und der Lizenzverhandlungen mit enormen Aufwand verbunden. Über jede potenzielle Weiterverwendung der Software musste verhandelt werden.

Durch die Verbreitung der Open-Source-Lizenzen hat sich das Geschäft für Tarent vereinfacht: Die freien Lizenzen sind überall gleich und im IT-Bereich sehr bekannt. Statt über einzelne Rechte und Haftungsfragen immer wieder neu zu verhandeln, einigen sich Kunde und Entwickler nur noch auf eine Lizenz, die beiden Seiten geeignet erscheint. Tarent bemüht sich, die Kunden von den Vorteilen der Open-Source-Variante zu überzeugen - meist mit Erfolg.

Der Vorteil auf Seiten des Kunden: Er muss sich nicht durch einen ganzen Stapel von unterschiedlichen Lizenzvereinbarungen arbeiten, wenn er die Software weiterentwickeln oder an Geschäftspartner weitergeben will. Zudem ist exklusiv für einen Kunden entwickelte Software natürlich teurer. Der Vorteil für Tarent: Firma kann ihre Ressourcen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren - das Entwickeln von Software. Und das hat sich in den letzten Jahren durch Open-Source auch stark verändert. Immer mehr geht Tarent dazu über, bestehende Lösungen für ihre Kunden zu erweitern und anzupassen, von Grund auf neu entwickelt werden muss immer weniger.

Wenn es um sehr spezialisierte Anpassungen geht, erlauben die Kunden keine Weitergabe. Bei einem Customer-Relations-System beispielsweise könnten Konkurrenten über die Formulargestaltung Rückschlüsse auf Geschäftsprozesse ziehen. "Der Kunde möchte nicht, dass seine Geschäftsprozesse sichtbar werden", erklärt der Tarent- Geschäftsführer Elmar Geese. Durch eine entsprechende Anwendungsarchitektur sei das jedoch leicht auszuschließen: "Die Menge des schützenswerten Codes ist in der Regel gering."

Die meisten Kunden entscheiden sich für die GPL, die LGPL oder eine BSD-artige Lizenz, dazu kommen die Eclipse Public License und die Mozilla Public Licence. Schwerpunkt ist die GPL, ungefähr 70 Prozent der von Tarent verwendeten Software steht unter dieser Lizenz. Alle drei Hauptprodukte von Tarent werden unter der GPL vertrieben.

Geese schätzt die Verlässlichkeit der Lizenz - längst sei die GPL in Deutschland rechtlich ausreichend bestätigt worden. Zwar enthält sie Regelungen, die in Deutschland nicht gelten, etwa den weitreichenden Haftungsausschluss. Dieses Problem besteht aber bei allen Lizenzen, da diese meistens für den US-Markt konzipiert sind. In den meisten Punkten ist die GPL jedoch unproblematisch. Die Bonner sparen sich so aufwändige Lizenzverhandlungen und konzentrieren sich auf ihre eigentliche Arbeit: das Erstellen und Anpassen von Software.

Diese Arbeit der Bonner hat sich in den letzten Jahren verändert: "Wir gehen immer mehr dazu über, vorgefertigte Lösungen für unsere Kunden zu erweitern und anzupassen", erläutert Geese. Open-Source-Projekte sind hier für die Anwendungsentwickler unverzichtbar und im Einsatz unproblematischer als viele kommerzielle Lösungen. "Die Produktkonstanz ist hier viel höher", sagt Geese. Plötzliche Kurswechsel seien bei freien Projekten eher selten.

Natürlich spielen proprietäre Softwarelösungen im Arbeitsumfeld ebenfalls eine große Rolle; so erweiterte Tarent für das BSI den Funktionsumfang von Microsofts Exchange-Plattform. Zwar sind im Serverbereich Linux-Lösungen inzwischen sehr verbreitet, auf dem Desktop hingegen läuft meist Windows. "20 Prozent unserer Kunden setzen auch auf dem Desktop auf Linux - wir selbst sind da schon ein Exot", sagt Geese. Bei Tarent sind seit langem Open-Source-Programme im produktiven Einsatz: Zum Entwickeln verwendet man das Open-Source-Framework Eclipse, für Büroarbeiten nutzt das Unternehmen OpenOffice. Die Ersparnisse schätzt Geese auf 30.000 Euro pro Jahr - für ein Unternehmen dieser Größe durchaus eine substanzielle Einsparung.