Zwangsrouter für den Internet-Zugang: Stellungnahmen zur Anhörung spiegeln massiven Widerspruch

Die Bundesnetzagentur hatte die Stellungnahmen zum Thema Zwangsrouter lieblos veröffentlicht. Nun hat ein anonymer Bearbeiter die Pro- und Kontra-Argumente aus den über 300 Eingaben extrahiert. Das ganze Ausmaß des Widerspruchs wird so klar.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic

Zwangsrouter, also von Netzbetreibern nach Gutdünken aufgezwungene Geräte am Internet-Anschluss, die Verbraucher nicht nach ihrem Belieben gegen bessere oder sichere Router tauschen können, will die Bundesregierung eigentlich verhindern. Und eigentlich sollte die Bundesnetzagentur dabei helfen. Die hatte im Herbst 2013 nach anhaltenden und geharnischten Protesten zu Stellungnahmen anlässlich einer Anhörung aufgerufen. Später, so versprachen die Sachbearbeiter, würden sie die Stellungnahmen zur allgemeinen Einsicht veröffentlichen.

Das taten sie dann auch, aber stillschweigend; man fragt sich, weshalb es dazu keine Mitteilung gab. Die über 300 Dokumente landeten statt dessen einfach so auf dem schwer überschaubaren Server der Agentur, obendrein nur als einzelne PDF-Dateien. In dieser gänzlich unbearbeiteten und unkommentierten Form ist nicht erkennbar, ob sich jemand die Mühe gemacht hat, die Eingaben nach Inhalten oder Argumentationsrichtung zu sortieren.

Wo endet das Zugansnetz? Gehört der Router zum Netz des Providers? Die Bundesnetzagentur hatte ausführlich in einer Anhörung danach gefragt. Der Entwurf der Transparenzverordnung zur freien Routerauswahl lässt diesen Punkt aber klaffend offen und kann daher als Schlupfloch zum Durchsetzen von Zwangsroutern genutzt werden.

Wer sich einen Überblick verschaffen will, kann nun dazu zwei Dokumente aus einer anonymen Quelle heranziehen, die wir zum Download bereitstellen (siehe Download-Links am Ende dieses Beitrags). Im ersten sind alle Stellungnahmen zu einem einzigen PDF-Dokument zusammengefasst (rund 33 MByte), sodass man alle Eingaben in einem Rutsch nach Stichworten durchsuchen kann. Im zweiten Dokument, einer einfachen Textdatei, sind die extrahierten Argumente für und wider die Zwangsrouter zusammengefasst. Nicht überraschend, stellen sich die meisten Teilnehmer der Anhörung eindeutig gegen Zwangsrouter. Einige führen auch auf, wie sich das Modell einer freie Routerauswahl etwa auf Kabelmodem- oder Glasfaseranschlüsse übertragen lässt. Die Zusammenfassung führt sehr prägnant vor, wie viele Nachteile Zwangsrouter verursachen.

Die Dokumente können hilfreich sein in einer Entwicklung, die eigenartige Wendungen aufweist. Den Anstoß dazu hatte die Bundesnetzagentur selbst gegeben, indem sie Verbrauchern die Unterstützung gegen Netzbetreiber verweigerte, die eine freie Gerätewahl einforderten. Den Anstoß dazu hatte die Bundesnetzagentur selbst gegeben, indem sie Verbrauchern, die eine freie Gerätewahl einforderten, die Unterstützung gegen Netzbetreiber verweigerte. Man stelle sich den Aufschrei vor, wenn jetzt Mobilfunknetzbetreiber auf die Idee kämen, ihren Kunden bestimmte Smartphones oder Handys vorzuschreiben – also etwa zu einem bestimmten Modell eines einzigen Herstellers zwingen würden.

Sie sehe jedoch keine Handlungsgrundlage zum Einschreiten gegen Zwangsrouter, hatte die Bundesnetzagentur lapidar in einem informellen Schreiben Anfang 2013 mitgeteilt. Fachleute sehen hingegen durchaus schon anhand aktueller EU-Richtlinien und bundesdeutscher Verordnungen ausreichend Grundlage für ein Vorgehen gegen Zwangsrouter. Eine von diversen Zusammenfassungen zu diesem Thema finden Sie im Beitrag Providers Freud, Die Routerzwang-Entscheidung der Bundesnetzagentur belastet Internet-Teilnehmer.

Nach anhaltendem Protest von Routerherstellern und Verbrauchern hatte die Agentur dann im Herbst 2013 zu einer öffentlichen Anhörung aufgefordert und dann Anfang 2014 anscheinend eine Kehrtwende vollzogen: Sie meldete, einen Entwurf zu einer Transparenzverordnung erarbeitet zu haben, der eine freie Routerauswahl gewährleisten würde. Als letzten Punkt, so könnte man meinen, müssten Verbraucher jetzt nur noch abwarten, bis der Bundestag im Herbst 2014 die Transparenzverordnung verabschiedet. Dann seien die Zwangsrouter aus der Welt geschafft.

Aber der aktuelle Entwurf lässt ein so großes Schlupfloch, dass da jeder Netzbetreiber mit ein wenig Argumentationsgeschick den Text zu seinen Gunsten auslegen kann. Er könnte einfach behaupten, dass sein Netz den Router selbst einschließt, weil der Entwurf die Definition des Anschlusspunkts verweigert. Der Betreiber könnte dann selbst bestimmen, welche Zugangsdaten er für wichtig hält und beispielsweise nur die Kennung für die Konfiguration des Geräts herausgeben, nicht aber die Daten, mit denen sich ein Router überhaupt erst im Netz des Betreibers anmeldet. Die Gängelei der Verbraucher wäre damit nicht etwa verhindert, sonder im Gegenteil, eher zementiert.

(dz)