Microsoft-Prozess: Crescendo zum Finale
Das US-Justizministerium und Microsoft bekräftigen auf insgesamt 1500 Seiten ihre gegensätzlichen Standpunkte im Kartellprozess.
Das US-Justizministerium und Microsoft haben noch einmal ihre gegensätzlichen Standpunkte im Kartellprozess bekräftigt. Nach rund sechsmonatiger Beweisaufnahme legten jetzt beide Seiten ausführliche Schriftsätze vor. Die Mammutwerke, zusammen rund 1500 Seiten stark, fassen in epischer Breite den bisherigen Verhandlungsverlauf zusammen.
Für das Department of Justice (DOJ) gilt es als erwiesen, dass Redmond ein "mächtiges und gut verteidigtes" Betriebssystemmonopol errichtet hat und einen erbitterten Kampf ums Internet führte. Das Unternehmen habe PC-Hersteller zum Abschluss exklusiver Verträge genötigt, die Software-Entwickler davon abhalten sollten, Anwendungen für Betriebssysteme anderer Anbieter bereitzustellen. Dem Browser-Hersteller Netscape sei gezielt das Wasser abgegraben worden. Microsoft habe das Unternehmen "durch eine Kampagne beschädigt" und in der Existenz gefährdet. Letztlich seien dadurch auch die Verbraucher in ihrer freien Produktwahl beschnitten worden.
Als Schlüsselereignis wertet das DOJ ein Treffen zwischen Microsoft- und Netscape-Managern im Sommer 1995. Die Zusammenkunft der leitenden Angestellten habe dem Ziel gegolten, illegale Absprachen über eine Aufteilung des Browser-Markts zu treffen. Als der Plan am Widerstand von Netscape scheiterte, habe Microsoft den hauseigenen Browser illegal mit Windows gekoppelt und Internet-Service-Provider durch Knebelverträge zur Beendigung der Zusammenarbeit mit Netscape gezwungen. Microsofts Handlungen zeigten, so das Justizministerium, dass niemand in Redmond ernstlich geglaubt habe, man könne den Browser-Krieg durch fairen Wettbewerb entscheiden.
Microsoft widerspricht dieser Darstellung entschieden. Das Unternehmen habe niemals versucht, Absprachen über eine Marktaufteilung zu treffen. In der dem Gericht vorgelegten Stellungnahme räumte der Software-Hersteller zwar ein, gegenüber Mitbewerbern eine deutliche Sprache zu benutzen. Niemals sei dabei aber ein Gesetz verletzt worden. Bei dem Vorwurf, Microsoft habe Verbrauchern geschadet, handle es sich lediglich um "vage, ungesicherte Spekulationen". Vielmehr zeigten die Fakten, "dass die Verbraucher durch das Vorgehen von Microsoft nicht benachteiligt worden sind". Insgesamt sei die US-Justiz mit dem Versuch gescheitert, schlüssige Belege für den Monopolvorwurf gegen Microsoft zu liefern. Die Kläger hätten die Marktsituation nur ungenügend analysiert und die Bedrohung, die von starken Mitbewerber wie AOL und Sun ausging, nicht ausreichend gewürdigt. Überdies sei durch das Bundling des Internet Explorer mit Windows ein besseres Produkt zu einem günstigeren Preis entstanden.
Rund 30 Tage bleiben nun beiden Seiten, um ihre Schlüsse aus den Einlassungen zu ziehen. Dann kommt es erneut zum Zusammentreffen der Kontrahenten im Gerichtssaal. Microsoft und die Ankläger erhalten dabei Gelegenheit, die Argumente der Gegenpartei ausführlich zu würdigen. (em)