Was taugen E-Bikes wirklich?

Prüfinstitute stellen immer wieder erhebliche Mängel bei E-Bikes fest – und fordern mehr Professionalität beim Bau der Räder. Die Hersteller werfen den Prüfern unrealistische Bedingungen vor. Wer hat Recht?

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Uta Deffke

"Das Risiko fährt mit“ – gut ein Jahr ist es her, da hat die Stiftung Warentest mit diesem Titel Alarm geschlagen in Sachen Qualität von E-Bikes. "Lenker bricht", "Rahmen knickt ein", "Bremsen versagen", "Elektrik strahlt", hieß es in der Juni-Ausgabe der Warentest-Zeitschrift. Die Nachricht verbreitete sich rasch in allen Medien. Von den 16 getesteten Elektrorädern mit tiefem Einstieg fielen neun durch, nur zwei schafften es gut ins Ziel. Besonders pikant: Selbst als Qualitätsware geltende Markenräder kamen schlecht weg.

Einige Monate nach Veröffentlichung der Ergebnisse schlugen die Hersteller zurück. Im Oktober traten sie mit Unterstützung weiterer Prüfinstitute vor die Presse und ließen verlauten: Die Testergebnisse seien effektheischend aufbereitet worden, der Test selbst sei unrealistisch gewesen – viel zu hart und mit entscheidenden Fehlern. Unter anderem seien die Räder falsch eingespannt und die Gefahren hinsichtlich der elektromagnetischen Strahlung übertrieben worden. Darüber hinaus beklagten die Hersteller zu wenig Offenheit bei den Prüfkriterien. Bezüglich der elektromagnetischen Verträglichkeit hat die Stiftung Warentest ihre Aussagen daraufhin modifiziert. Ansonsten aber beharrt sie darauf, dass die verwendeten Methoden und Kriterien angemessen seien.

Wie Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe berichtet (am Kiosk, online bestellbar oder als App), gibt es offenbar tatsächlich Verbesserungsbedarf bei E-Bikes: Wie Hannes Neupert, Gründer von ExtraEnergy, sagt, sei grundsätzlich der Ruf nach mehr Qualität bei Elektrofahrrädern gerechtfertigt. Vielen Unternehmen fehle es an ausreichender Elektrokompetenz. Oft würden E-Bikes aus beliebigen Teilen zusammengeschraubt, ohne darauf zu achten, ob die Eigenschaften der verschiedenen Materialien zusammenpassen und die Statik der Räder an die erheblich höheren Belastungen angepasst ist. Aber Neupert sagt auch: „Eine wirkliche Gefahr geht von diesen Rädern nicht aus.“

Die Prüfinstitute legen ihre Kriterien selbst fest. Oft – wie bei der Stiftung Warentest oder bei ExtraEnergy – in Arbeitsgruppen, zu denen diverse Interessenvertreter eingeladen sind. Einige akkreditierte Prüfinstitute wie Velotech, TÜV Süd und SLG haben darüber hinaus Kriterien für ein E-Bike-spezifisches GS-Kennzeichen entwickelt, das als echtes Qualitätssiegel für "Geprüfte Sicherheit" steht.

Geprüft wird auch bei einigen Herstellern. So hat der deutsche Marktführer Derby Cycle bereits seit Jahren ein großes Testcenter für seinen Entwicklungsbereich. Der ADFC glaubt daher, dass die E-Bike-Branche raus ist aus der Phase "Zu viel billiger Schrott". "Wir hoffen, dass der Streit um den letztjährigen Test der Stiftung Warentest einen heilsamen Effekt hatte. In der Tat beobachten wir eine gewisse Professionalisierung der Branche."

Mehr zum Thema in Technology Review 08/2014:

[Update vom 31.7.14, 15:55 Uhr]: Zitate von Hannes Neupert zur Qualität von E-Bikes wurden der besseren Einordnung halber eingefügt. (jlu)