Kommentar: 15 Jahre Nikon NEF, 15 Jahre Irrweg

Kaum ein anderer Hersteller hat über lange Jahre seine proprietären Raw-Formate so eifersüchtig bewacht und so konsequent sein Herrschaftswissen ausgenutzt wie Nikon. Zum Schaden der Anwender, versteht sich. Die Frage ist nun: Hat es Nikon wenigstens selbst etwas gebracht?

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Sascha Steinhoff
Inhaltsverzeichnis

Liebe Leser,

wie heißt es so schön: Wer die Gegenwart verstehen will, muss die Vergangenheit kennen. Sie verzeihen mir daher sicher, wenn ich zu Beginn kurz in die dunkle Urzeit der Digitalfotografie zurückgehe, also gerade mal ein Jahrzehnt zurück. Meine erste DSLR war eine Nikon und fotografiert habe ich von Anfang an im Raw. NEF kannte ich schon von den Nikon Scannern, die mit der hauseigenen Software zwar etwas farbstichige, aber ansonsten ordentliche Scans erzeugen konnten. Für Schwarzweiss gab es sogar einen Graustufen-Modus in Nikon Scan. Wollte man nun die besagten NEF-Scans mit den Graustufen in Nikon Capture öffnen, stürzte das Programm reproduzierbar ab. Was sehr bedauerlich war, denn Capture hatte im Gegensatz zum Scanprogramm brauchbare Bildbearbeitungsoptionen. Diese exquisiten NEF-Scanned Dateien in der sehr speziellen Graustufen-Variante waren und sind sind übrigens auch mit anderen Programmen ein Quell steten Ärgernisses.

Ein Kommentar von Sascha Steinhoff

Sascha Steinhoff ist Redakteur bei c't Digitale Fotografie und schreibt seit 2008 regelmäßig über techniklastige Fotothemen. Privat ist er seit analogen Zeiten bekennender Nikon-Fanboy, beruflich ist er da flexibler. Als Softwarespezialist kümmert er sich insbesondere um die Themen Raw-Konvertierung, Bildbearbeitung und Bildarchivierung.

Okay, Lektion gelernt: NEF ist nicht gleich NEF und selbst wenn man ausschließlich Nikon-Software verwendet, kann es gravierende Probleme geben, die der Hersteller zwar selbst verursacht hat, aber trotzdem nicht löst. Während die NEF-Varianten im Scanbereich noch überschaubar waren, wurde es mit den Digitalkameras schnell unübersichtlich. NEF, NEF Compressed, NEF Lossless Compressed waren nur die Grundkategorien, für gefühlt jede neue Kamera brauchte man Updates. Wer sich nicht dem Diktat des gelben Riesen beugen wollte, hatte es schwer. Soll ja auch Leute geben, die zusätzlich zu ihrer Nikon auch Kameras anderer Hersteller besitzen und daher mit Nikon-only-Software nichts anfangen können.

Die neuen Features von Nikon Capture NX-D (5 Bilder)

Die Programmoberfläche von Nikon Capture NX-D

Bei Capture NX-D hat Nikon die Programmoberflächekomplett neu gestaltet. Während man beim Vorgänger oft zwischen verschiedenen Fenster wechseln muss, kann man bei NX-D alles im gleichen Fenster erledigen.

Es muss ursprünglich als findige Wertschöpfungskette angedacht gewesen sein: Man verkauft nicht nur die Kamera, sondern die Kamera und die exklusiv passende Software gleich obendrein. Leute mit erfolgreich abgeschlossenem BWL-Studium könnten das sogar als Win-Win-Situation deklarieren ohne schamesrot anzulaufen. Bei Nikon kosteten die früheren Bildbearbeitungsprogramme (Capture > Capture NX > Capture NX2) immer Geld. Fremdhersteller wie Adobe hatten zwar mehr Software-KnowHow, aber genutzt hat es anfangs wenig. Denn Nikon hatte NEF nicht nur nicht offenlegt, sondern teilweise sogar verschlüsselt. Wer das beste Bild aus seiner Nikon haben wollte, war lange Zeit auf herstellereigene Software angewiesen.