Ex-NSA-Vize Inglis: "Verteidigung muss Vorrang haben"

John Inglis, bis Januar 2014 stellvertretender Direktor der NSA, sprach im Interview mit Technology Review über die Fähigkeiten Edward Snowdens und das Spannungsverhältnis zwischen Aufklärung und Datensicherheit.

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Von
  • Ben Schwan

Über ein Jahr nach Beginn der Enthüllungen im Rahmen des NSA-Skandals ist immer noch noch nicht ganz klar, wie Edward Snowden an die Unmengen Dokumente gelangen konnte. Ganz zu schweigen vom wahren Ausmaß der Überwachung und der dafür eingesetzten Technik.

Am Rande der Black-Hat-Konferenz in Las Vegas konnte Technology Review nun John Inglis, bis Januar stellvertretender Direktor der NSA, für ein Interview gewinnen. Inglis ist seit Juni nicht mehr Regierungsmitarbeiter, sondern Berater bei Securonix. Die Firma aus Los Angeles verkauft ausgerechnet Software, mit deren Hilfe Unternehmen unautorisierte Datenzugriffe von Mitarbeitern aufspüren können.

John Inglis, damals noch bei der NSA

(Bild: NSA)

Auf die Frage, wie es kommen konnte, dass Snowden an all die NSA-Daten gelangte, sagte Inglis, die Behörde habe solche Angriffe nicht einberechnet. "Rückblickend kann man sagen, dass Snowden viel weiter ging, als wir von ihm je erwartet hätten. Das Problem ist, wie man denjenigen Vertrauen entgegenbringen kann, die man mit viel Zeit und Mühe ausgesucht hat – und wie man ihnen erlaubt, innovativ, kreativ und klug tätig zu sein." Die Behörde müsse nun ihr "Spiel auf den neuesten Stand bringen" – und zwar "ohne die 99,9 Prozent der Mitarbeiter fallen zu lassen, die vertrauensvoll mit uns gearbeitet haben". Bei der Aufdeckung von Sicherheitslücken müsse "die Verteidigung Vorrang haben". Den "allergrößten Teil" dieser gebe die NSA an betroffene Unternehmen weiter, sobald sie sie finde.

Dass Snowden seine mitgenommenen Daten schützen konnte, glaubt Inglis offenbar nicht. "Wir haben aus 70 Jahren kryptologischer Geschichte gelernt, dass ein einzelner Kopf nie gegen eine Menge unterschiedlicher Köpfe gewinnen kann." Zu glauben, eine einzige Person könne Informationen gegen entschlossene Operationen anderer und ziemlich fähiger Dienste absichern, sei sehr viel verlangt. "Da steckt schon eine gewisse Hybris drin." Inglis bekräftigte die Position der NSA, es habe ausreichend Richtlinien für ein legales Whistleblowing von Snowden gegeben. "Die Aufzeichnungen zeigen, dass er es nicht einmal versucht hat." (Rachel Marsden)

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(bsc)