Treffen der Spieleentwickler auf der GDC Europe 2014 in Köln

In der Woche der Gamescom war Köln nicht nur Ziel der Spielefans, sondern auch der Macher von PC-, Konsolen- und Mobilspielen unterschiedlicher Couleur. Die GDC Europe bot Entwicklern, Designern und Projektleitern aus der Spieleindustrie Gelegenheit zum Austausch.

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Von
  • Julia Schmidt

In der Woche der Gamescom war Köln nicht nur Ziel der Spielefans, sondern auch der Macher von PC-, Konsolen- und Mobilspielen unterschiedlicher Couleur. Die GDC Europe bot Entwicklern, Designern und Projektleitern aus der Spieleindustrie Gelegenheit zum Austausch.

Auf der europäischen Ausgabe der Game Developer Conference, die vom 11. bis 13. August in den Räumen des Congress-Centrum Ost der Kölnmesse stattfand, war neben den immer noch aktuellen Vermarktungs- und Monetarisierungsproblemen auch Virtual Reality ein häufig diskutiertes Thema. Zudem teilten viele Entwickler in einer Reihe von Postmortem-Vorträgen Erfahrungen aus ihren letzten Produktionen oder beschäftigten sich mit den Herausforderungen verteilt arbeitender Teams.

Ein schönes Beispiel für eine sensible Einführung von Monetarisierung in einem Konsolenspiel zeigte Ubisoft anhand seines Multiplayer-Spiels Assassin's Creed IV Black Flag. Quentin de Beukelaer stellte zu Anfang seines Vortrags klar, dass es wichtig sei, Spieler nicht dazu zu zwingen, im Laufe des Spiels Geld auszugeben. Außerdem müsse man einige Güter (Kostüme, Waffen etc.) aus dem Verkauf herauslassen und den Spielern vorbehalten, die Zeit und Geduld in das Spiel steckten, damit deren Motivation nicht leide. Da Nutzer, die Waren oder Erfahrungen käuflich erwerben, in einigen Communitys mit Argwohn betrachtet werden, ersann man bei Ubisoft darüber hinaus Konzepte, die Teammitgliedern solcher Spieler ebenfalls kleine Vorteile verschafften. Auf diese Weise wurden die Käufer nicht sofort ausgeschlossen, weil sie augenscheinlich weniger Hingabe an den Tag legten.

Nicht alles verkaufen was geht, gute Inhalte und einen ordentlichen Shop anbieten - diese und andere Erkenntnisse konnte Ubisoft bei der Monetarisierung eines Multiplayer-Spiels gewinnen.

Damit die Einführung von Währung nicht aufgezwungen wirkt, war es den Entwicklern wichtig, sie in die Geschichte des Spiels einzubinden – ein Faktor, den auch andere Teams nicht vergessen sollten. Um die Nutzer daran zu gewöhnen, begann man schon in Vorgängerversionen des Spiels damit, Geld in die Handlung einzubauen. So konnte man außerdem sehen, welche Produkte anzubieten sich besonders lohne und wie sie zu präsentieren seien. Eine Umgestaltung einer primär als Anbieter von Zusatzleistungen ausgelegten Seite im Spiel hatte beispielsweise positive Auswirkungen auf das Kaufverhalten.

Als Kanal zur Bewerbung hatten einige auf der Konferenz anzutreffende Unternehmen in diesem Jahr YouTube und andere Videoportale wie das auf Spielstreams spezialisierte Twitch für sich entdeckt. Streams oder kommentierte Videos von in der Spielergemeinschaft angesehenen Channel-Eignern, die Aufzeichnungen durchgespielter Games zeigten, seien gerade beim jüngeren Publikum gefragt und könnten kaufentscheidend sein. Trotzdem träten wenige Unternehmen oder gerade auch Indie-Entwickler an diese "YouTuber" oder "Twitcher" heran. Wer Sorge um die Exklusivität seiner Inhalte habe, könne häufig auch auf Kooperation hoffen, sollte man bestimmte Fragmente lieber nicht im Video sehen, sondern den Live-Spielern vorbehalten.

In Sachen Virtual Reality (VR) versuchten mehrere Vortragende, sei es im Zusammenhang mit Sonys Projekt Morpheus oder Oculus Rift, auf die Eigenheiten hinzuweisen, die es für Spiele in diesem Raum zu beachten gelte. Die goldene Regel für alle Entwicklungen im VR-Bereich laute "Übernimm niemals die Kontrolle über den Kopf des Spielers". Wenn man Spieler an einen anderen Ort führen oder sie dazu bringen wolle, sich etwas Bestimmtes anzusehen, gebe es verschiedene andere Möglichkeiten, das zu tun, ohne ihnen die Selbstbestimmung zu nehmen (was über kurz oder lang beispielsweise zu Übelkeit führe) und so aus der Erfahrung herauszureißen. Zu beachten sei auch, dass alle Spieler andere Voraussetzungen mitbrächten und man in Virtual-Reality-Angeboten Alternativen implementieren sollte, um zum Beispiel Spieler mit Höhenangst nicht durch entsprechende Konstrukte aus dem Produkt auszuschließen.

Die Immersion des Spielers sei zwar ein angestrebtes Ziel, doch solle man sich im Klaren darüber sein, dass der Zustand umso zerbrechlicher ist, je tiefer der Nutzer in der künstlichen Welt steckt. Unstimmigkeiten, die Spieler in einer anderen Immersionstiefe nicht auffallen würden, könnten dann schnell dazu führen, dass ihnen ihr Aufenthalt in einer virtuellen Realtität wieder bewusst wird, womit die Illusion aufgehoben wäre. Generell könnten Faktoren wie die Simulation von Schatten (zum Schaffen einer Art Körperlichkeit), die Möglichkeit mit Gegenständen zu interagieren, das Verwenden korrekter Größenverhältnisse und binauraler Audiosignale sowie ein gewisse Abstraktion helfen, eine glaubwürde Welt zu erschaffen.

Darüber hinaus waren Qualitätsprüfungen für virtuelle Umgebungen ein Thema. Nach der Implementierung sei es eine gute Idee zu testen, ob die linke und rechte Seite einer Szene auch tatsächlich links und rechts dargestellt und nicht vertauscht sind, ob dasselbe Element beiden Augen gezeigt wird und beide Bilder denselben Zeitpunkt darstellen. Weiterhin sei zu prüfen, ob der Maßstab richtig und die Tiefe konsistent ist und ob schnelle Wechsel in der Tiefe vermieden wurden.

Da VR-Entwickler einen Großteil ihrer Zeit mit ihrem Produkt verbringen und sich das Gehirn mit der Zeit daran gewöhnt, wurde wiederholt auf die Wichtigkeit von Tests durch Außenstehende verwiesen. Zu den Problemen, die Firmen wie Oculus VR in nächster Zeit wohl angehen wollen, zählt unter anderem, die VR-Brillen für Brillenträger zu überarbeiten. Da es unter den Entwicklern genug aus diesen Reihen gäbe, sei man sich der Schwierigkeiten bewusst, die bei der Benutzung mit Sehhilfe aufträten.

Den sogenannten Indie-Entwicklern stellte die GDC Europe am ersten Konferenztag einen ganzen Track zur Verfügung, der sich mit den Herausforderungen dieser Gruppe beschäftigte. Am Ende des Independent Games Summit stand der erste European Innovation Showcase, bei dem mehrere unabhängige Entwickler und Studios in kurzen Vorträgen ihre Spiele vorstellen konnten. Der Organisator des Showcase Jonathan Van Hove wollte mit dem Event zeigen, dass man nicht bis in die USA gehen muss, um auf innovative Spielideen zu treffen. An Einreichungen mangelte es auch wahrlich nicht, konnte das Komitee doch aus fast 150 Einreichungen wählen.

Ungewöhnliche Einfälle, wie die Ziege in Broken Sword, tragen dazu bei, dass aus Spielen Klassiker werden, die auch Jahre nach ihrem Erscheinen noch große Anhängerschaften versammeln können.

Einzigartigkeit und Schöpfungskraft war allerdings nicht nur hier Thema. Nach dem Erfolg von Flappy Bird und der Welle an Kopien, die dessen Rücknahme durch den Autor auslöste, versuchte man sich in vielen Vorträgen der Kraft der eigenen Ideen bewusst zu werden. Um vor dem Kunden zu bestehen und sich von dem teilweise vorhandenen Überangebot abheben zu können, dürfe man nicht einfach auf den nächsten Zug aufspringen. Spiele zu entwickeln, die man selber gerne spielen würde, gelte nach wie vor als gute Richtlinie. In eine ähnliche Kerbe schlug auch Brenda Romeros Vortrag mit dem Titel "I, Outsider". In ihm feierte sie die Unterschiede der Mitglieder ihrer Industrie, womit sie nur wenige unberührt ließ. Selbst wenn man sich in der eigentlich aus Outsidern bestehenden Gemeinschaft zeitweise selbst außen vor fühle, seien es doch gerade die Outsider, die neue Perspektiven aufzeigen könnten und die Grenzen des Möglichen verschöben.

Die Anzahl der Teilnehmer der GDC Europe dürfte auch 2014 wieder die 2000er-Grenze überschritten haben. Eine Termin für die Wiederauflage steht mit dem 3. und 4. August 2015 jedenfalls bereits fest. (jul)