Oregon verklagt Oracle wegen fehlender Versicherungs-Plattform

Oracle soll die Behörden des US-Bundesstaats Oregon beim Entwickeln und Implementieren eines Systems zur Gesundheitsreform Obamacare und dem Modernisieren der IT-Infrastruktur des Sozialsystems belogen und betrogen haben. Nun gibt es eine Klage.

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Der US-Bundesstaat Oregon verklagt Oracle, laut Justizministerin Ellen Rosenblum hat der Konzern den Staat um hunderte Millionen US-Dollar betrogen. Die Anklageschrift stellt Oregonlive.com online zur Verfügung. Als Kläger tritt neben dem Bundesstaat das öffentliche Unternehmen Cover Oregon auf. Konkret geht es um die Implementierung von zwei Systemen: Das HIX-IT und das Modernization Project.

Klage: Ellen Rosenblum, Justizministerin von Oregon, verklagt Oracle wegen einer fehlender Versichungs-Plattform.

(Bild: Oregon Department of Justice)

Ersteres sollte die Grundlagen des Patient Protection and Affordable Care Act (PPACA oder ACA) abdecken, welcher ab 2010 unter dem Namen Obamacare bekannt wurde. Mit dem System des Bundesstaates sollten sowohl Privatpersonen und kleinere Unternehmen aus Oregon Zugang zu einer Krankenversicherung erhalten. Das zweite Projekt sollte die ältere IT-Infrastruktur des Sozialsystems ersetzen.

Oracle versprach unter dem Namen Oregon Solution dem Bundesstaat ein System, das "out-of-the-box" funktioniere und alle Bedürfnisse flexibel und integriert abdecke sowie einfach mit anderer Software zusammenarbeite. Dabei präsentierte das Unternehmen dem Department of Human Services (DHS) und der Health Authority (OHA) von Oregon ihr System und konnte die Fragen des Bundesstaates und von unabhängigen Beratern überzeugend beantworten. 2011 unterschrieben die Behörden einen Vertrag mit Oracle, in dem festgelegt wurde, dass eine Plattform beide Bedürfnisse abdecken sollte.

Der Konzern habe sofort mit der Arbeit begonnen, jedoch traten erste Spannungen auf, als die Behörden einen unabhängigen Integrator einstellen wollten, der die Projekte beaufsichtigen und das System von Oracle implementieren sollte. Die Anklage zitiert einen ehemaligen Angestellten, der angibt, dass Oracle entschieden gegen einen unabhängigen Integrator gewesen sei, der bloß Probleme verursachen würde. Stattdessen habe Oracle die hauseigenen Consulting Services für die Aufgabe vorgesehen. Der Konzern habe den Bundesstaat davon überzeugt, dass die eigenen Angestellten das Projekt genauso gut im Blick behalten könnten.

Für diesen Service musste Oregon Oracle extra bezahlen. Das Unternehmen verwaltete so die Entwicklung, wählte die eigene Software aus und kontrollierte den Zugang zur Software, sodass die Behörden sich auf die Aussagen von Oracle habe verlassen müssen.

2013 reichten die Behörden die Verantwortung für das Projekt an Cover Oregon weiter, ein öffentliches Unternehmen, das für die Umsetzung der Obamacare im Bundesstaat verantwortlich ist. Der Zugang sollte am 1. Oktober 2013 freigeschaltet werden und Oracle versicherte den Verantwortlichen, dass die Plattform rechtzeitig fertig würde – zu diesem Zeitpunkt habe der Konzern angegeben, dass HIX-IT zu 80 Prozent fertig sei.

Jedoch konnte Oracle das Projekt nicht abschließen und bat die Behörden zunächst, den Umfang zu reduzieren. Aufgrund des nahenden Datums blieb Cover Oregon keine Wahl. Dennoch schafften es die Entwickler nicht eine fertige Version zu präsentieren und der 1. Oktober verstrich. Oregon musste stattdessen auf zusätzliches Personal und Papier-Formulare zurückgreifen, die sie händisch verwalten mussten. Zu diesem Zeitpunkt habe der Staat dem Unternehmen bereits 100 Millionen US-Dollar gezahlt.

Erst im Frühjahr 2014 konnte Oracle eine funktionierende Website vorlegen, Cover Oregon gibt jedoch 1198 Fehler in dem System an, das System sei nicht für einen öffentlichen Start des Programms geeignet gewesen. Unabhängige Prüfer seien von einem zusätzlichen Jahr für die Fertigstellung ausgegangen, hätten mit weiteren Millionen US-Dollar Kosten gerechnet und die Entwicklung als miserabel ("abysmal") charakterisiert. Zudem habe sich der Konzern nicht an die eigenen Standards gehalten.

Statt weiter auf die Plattform von Oracle zu setzen, entschied sich Cover Oregon auf das System der Bundesbehörden Healthcare.gov zurückzugreifen. Dieses System hatte ebenfalls mit Schwierigkeiten zum Start zu kämpfen. Dennoch habe der Konzern auf weiteren Zahlungen bestanden.

Ellen Rosenblum und Cover Oregon gehen davon aus, dass Oracle bewusst die Behörden betrogen und angelogen habe. Das beschriebene System habe nie vorgelegen, die Präsentationen hätten nicht den realen Stand des Fortschritts abgedeckt. HIX-IT sei nicht einsatzfähig, dem Modernization Project würden alle Grundlagen fehlen. Die Kosten für Oregon: 240.280.008 US-Dollar. Statt wenigstens einen Teil der Ausgaben zu ersetzen, verlange Oracle aber weitere 23.000.000 US-Dollar von dem Bundesstaat. (fo)