Manipuliertes Alteisen: Gefälschte Nvidia-Grafikkarten in deutschen Shops

Gefälschte Grafikkarten mit Nvidia-GPUs sind derzeit auf dem deutschen Markt bei zahlreichen Einzelhändlern erhältlich. Ihre Produktnamen suggerieren eine GeForce GTX 660. Doch sie sind nichts als BIOS-manipulierte Uralt-Karten aus der Fermi-Generation.

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Die "GTX660 4096MB Nvidia Bulk" ist eine gefälschte Karte mit Uralt-GPU. Der Treiber erkennt sie durch eine Bios-Manipulation fälschlicherweise als GeForce GTX 660.

(Bild: c't)

Auf dem deutschen Markt sind derzeit gefälschte Grafikkarten mit Nvidia-GPUs erhältlich, deren Produktname eine GeForce GTX 660 vorgaukelt. Sie tragen die Bezeichnung "GTX660 4096MB Nvidia Bulk". Die Spezifikationen der Grafikkarte unterscheiden sich aber deutlich von einer richtigen GeForce GTX 660. Es handelt sich um Grafikkarten einer älteren Generation mit manipuliertem VGA-BIOS.

In Umlauf gebracht hat die Karten der Braunschweiger Großhändler Kosatec. Er listete die Karten auf seiner Webseite als Restposten. Das Artikelbild zeigte eine Retail-Karte der Firma Zotac inklusive Packung. Zotac distanzierte sich ganz deutlich davon und kündigte an, seine Rechtsabteilung einschalten zu wollen.

Als Großhändler hat Kosatec die Karte an zahlreiche deutsche Online-Shops geliefert. So hat etwa auch Jacob Elektronik die Karte gelistet. Dort hat c't eine solche Karte für 163,80 Euro erworben. Im c't-Labor stellte sich dann schnell heraus, dass es sich bei der Karte nicht um eine GeForce GTX 660 handelt.

Der Großhändler Kosatec bewarb die Karte in seinem Web-Shop mit einer Zotac-Retailkarte. Zotac will seine Rechtsabteilung einschalten.

(Bild: c't)

Auf der Karte sitzt anscheinend ein GF106-Grafikchip mit 144 Shader-Kernen (richtige GTX 660: 960). Als Speicher kommen DDR3- statt GDDR5-Chips zum Einsatz, die überdies mit weniger Datenleitungen angebunden sind. Statt der für eine GTX 660 spezifizierten Transferrate von 144,2 GByte/s erreicht die "GTX660 4096 Nvidia Bulk" laut Treiber lediglich 17,06 GByte/s.

Im Internet finden sich zahlreiche Händler, die die gefälschte Karte verkaufen. Das Bild ist nur den kleinen Ausschnitt einer Google-Suche.

(Bild: c't)

Daraufhin haben wir das BIOS der Karte ausgelesen, gespeichert und mit dem Tool NiBiTor analysiert. Es zeigte sich, dass die Vendor-ID auf 0000 gesetzt wurde – folglich konnten Tools wie GPU-Z der Karte keinen Hersteller zuordnen. Die Device-ID wurde auf 11C0 umgeschrieben, die der Nvidia-Treiber wiederum als GeForce GTX 660 erkannte. Das BIOS war auf den 29. Mai 2014 datiert. Nachdem wir die Bios.rom-Datei mit einem Texteditor öffneten, fanden wir den String "GF106B Board", was auf einen alten Grafikchip aus der Fermi-Generation hinweist. Passen würde etwa die OEM-Version der GeForce GT 440 aus dem Jahr 2010, auf der sich eben ein GF106-Chip mit 144 Shader-Rechenkernen befand.

Im Vergleich mit einer GeForce-GTX-660-Referenzkarte erreicht die "GTX660 4096MB Nvidia Bulk" im 3DMark Firestrike nur 949 statt 4266 Punkte, also nicht einmal ein Viertel der Leistung. Dass Nvidia seit der Fermi-Generation keine höheren Direct3D-Level als 11_0 unterstützt, macht es für Käufer schwer, der Fälschung auf die Schliche zu kommen. Denn dadurch starten quasi alle 3D-Anwendungen auch mit der gefälschten Karte.

Die GPU der ominösen Karte. Nvidia wollte uns bis heute keine genauen Details zur GPU nennen.

(Bild: c't)

Wir informierten daraufhin zunächst den Einzelhändler Jacob Elektronik. Dieser nahm den Sachverhalt "mit Bestürzen zur Kenntnis" und versicherte gegenüber heise online/c't, keinerlei Wissen darüber gehabt zu haben, dass es sich bei diesem Artikel um eine manipulierte Grafikkarte mit irreführender Produktbezeichnung handele. Jacob Elektronik nahm daraufhin das Produkt sofort aus dem Sortiment und bestätigte gegenüber c't die Firma Kosatek als Lieferanten. Daraufhin forderte Jacob Elektronik eine Stellungnahme von Kosatec und drohte damit, die Geschäftsbeziehungen zu überdenken. Kosatec löschte daraufhin die "GTX660 4096MB Nvidia Bulk" von seiner Webseite – ohne jeglichen Kommentar.

Der Treiber erkennt nur 144 Kerne. Das entspräche dem Chip einer GeForce GT 440 OEM.

(Bild: c't)

Gegenüber c't erläuterte Kosatec telefonisch, dass man das Produkt direkt vom Hersteller Point of View bezogen habe. Erst auf Nachfrage erklärte Kosatec überdies, dass es auch eine "GTX650 4096MB Nvidia bulk" von der Webseite gelöscht habe. Wahrscheinlich handelt es sich auch bei dieser Karte um eine Fälschung. Auch dieser Kartentyp ist noch in zahlreichen deutschen Online-Shops gelistet.

Point of View sagte gegenüber c't fernmündlich, dass man den Sachverhalt erst recherchieren müsse. Nachdem c't an Point of View die Seriennummer der vorliegenden Karte und Bilder geschickt hatte, erklärte Point of View, dass man die Karte nicht erkenne und sie kein eigenes Produkt sei. Die Seriennummer entspreche außerdem nicht dem eigenen Schema. Die Karte sei nicht von Point of View produziert worden. Daher sei man sich nicht sicher, ob die von Kosatec verkauften Karten tatsächlich von Point of View stammen.

Bereits am 22. August informierten wir auch einen ranghohen Nvidia-Manager in den USA von dem Sachverhalt. Nvidia erklärte uns vorab, dass es über die GPU-Seriennummer den Chip identifiziert habe, aber zunächst keine Informationen herausgebe. Auch nach der Darlegung der Umstände und erneuter Bitte um Stellungnahme schickte uns Nvidia bis heute keine weitere Erklärung.

Kunden, die eine gefälschte Grafikkarte des Typs "GTX660 4096MB Nvidia Bulk" gekauft haben, sollten sich an den jeweiligen Händler wenden und die Karte zurückgeben. (mfi)