Achtfach Intel gegen Unix-Server
Intel und eine Gruppe von PC-Herstellern propagieren Achtfach-Server mit Windows-NT als Alternative zu etablierten Unix- und RISC-Systemen.
Compaq macht den Vorreiter: Mit einer Marketingkampagne möchte die Firma ihre Position bei E-Commerce-Betreibern und Internet-Dienstleistern verbessern. Dazu gehört die massive Propagierung von Servern mit bis zu acht CPUs auf Basis von Intel-Prozessoren und Windows NT.
Compaq steht damit in einer Reihe mit verschiedenen PC-Herstellern unter Führung von Intel, die diese High-End-Server auf Pentium-Basis als ernsthafte Konkurrenz zu etablierten Unix- und RISC-Lösungen durchsetzen möchten. Mehr als 20 PC-Hersteller wollen Achtfach-Maschinen auf Basis der Intel-Architektur vorstellen.
Die Systeme gehen auf eine Entwicklung von Corollary zurück, eine Firma, die Intel vor einiger Zeit schluckte. Der Chipsatz mit Namen Profusion basiert auf einem Crossbar-Switch. An solch einer Multiprozessor-Architektur versuchte sich schon einmal ein Hersteller: Axil, eine hundertprozentige Tochter von Hyundai Amerika, stellte einen Achtfach-Server mit PentiumPro unter NT schon auf der CeBIT 1997 vor. Anderthalb Jahre später gab die Firma auf: Die notwendigen Investitionen überschritten wohl das vertretbare Maß, und das, obwohl sich um die Entwicklung von Axil gleich ein ganzes Konsortium bildete. Die Crossbar Coalition, zu der neben Axil selbst Hewlett-Packard und Data General gehörten, hat aber die Arbeit inzwischen ebenfalls eingestellt.
Für die Intel-Architektur dürften im Vergleich dazu die Sterne etwas günstiger stehen - die Marktmacht von Intel und die Zusammenarbeit mit den führenden PC-Herstellern stimmen die Auguren zuversichtlich. Mary T. McDowell, Vizepräsidentin von Compaq und Managerin der Industry Standard Server Division, verstieg sich laut einem Bericht des Wall Street Journal sogar dazu, Sun das Ende ihres profitablen Server-Business zu prophezeien: "Der Plan ist, Sun bedeutungslos zu machen, indem wir vergleichbare Performance zu einem Drittel der Kosten anbieten".
Die vollmundigen Sprüche machen wenigstens die Stoßrichtung der Kampagne klar: Den profitablen Markt der High-End-Server dominieren RISC-Maschinen und Unix-Systeme. "Bis jetzt basierten die einzigen wirklich skalierbaren Systeme auf Unix und RISC", meinte der Unisys-Vizepräsident Don Johnson, ebenfalls mit im Boot bei den Intel-Achtfach-Maschinen. "Mit unseren Achtfach-Produkten geben wir den Kunden eine entscheidende Alternative". Eine Alternative vor allem zu Systemen von Sun, IBM und Hewlett-Packard, die den den Unix-RISC-Markt beherrschen. Aber auch Compaq hat nach dem Aufkauf von DEC und Tandem ein gewichtiges Wörtchen mitzureden - was zu nicht geringen Verunsicherungen bei Mitarbeitern und Kunden führt, ob denn die Firma neben der Intel-NT-Schiene auch den Alpha-Rechnern und Tandems NonStop-Unix weiterhin genügend Aufmerksamkeit schenken werde.
Die groĂźe Offensive der Server-Bande rund um Intel zeigt aber mindestens eine Schwachstelle: Zwar kann man auf den Maschinen auch Unix einsetzen, die Hersteller propagieren aber NT. Und alle Produzenten von High-End-Servern fĂĽr Windows NT warten auf Microsoft. Und warten, und warten, und warten...
Bislang behauptet niemand, NT 4.0 wäre in der Lage, die Anforderungen der Betreiber von Rechenzentren, der weltweit operierenden ISPs und der Nutzer großer Transaktionssysteme zu erfüllen. So starrt man auf die Entwicklung von Windows 2000 wie das Kaninchen auf die Schlange: Die Data Center Edition, die NT laut Microsoft auf eine Stufe mit Unix-Systemen heben soll, wenn es um Funktionen, Administrierung und vor allem Zuverlässigkeit geht, läßt noch einige Zeit auf sich warten. Irgendwann nächstes Jahr soll es so weit sein, auf einem genauen Termin möchte sich Microsoft nicht festlegen lassen. Die Crux an der Sache, zumindest für Intel und Konsorten: Ohne dieses System sind die Chancen der High-End-Maschinen mit acht Prozessoren und NT als Betriebssystem gegenüber etablierten Unix-Büchsen, Alpha-Maschinen und proprietären Cluster-Lösungen etwas eingeschränkt. Und ob Windows 2000 Data Center Edition nach der Freigabe durch Microsoft die Wünsche der Anwender erfüllt, steht auch noch in den Sternen. (jk)