Microsoft-Prozess: Schadensersatzklagen drohen
Bei einer Niederlage müßte Microsoft mit hohen Schadensersatzforderungen von Konkurrenten und Kunden rechnen.
Bei einer Niederlage von Microsoft im Antitrust-Prozess wäre das Feld frei für Schadensersatzklagen von Konkurrenten und Kunden. Die vorläufige Tatsachenfeststellung (finding of facts) lässt sich für einen Zivilprozess gegen Microsoft noch nicht verwenden, aber ein Urteil im Kartellprozess würde Zivilkläger "so gut wie ans Ziel bringen", zitiert das Wall Street Journal einen auf Antitrust-Verfahren spezialisierten Anwalt. Viele Beobachter gehen daher davon aus, dass der Software-Riese im Gegensatz zu seinen bisherigen Verlautbarungen den Prozess nicht bis zum Ende führen, sondern eine gütliche Einigung mit dem Justizministerium anstreben wird.
Der Schaden für Microsoft wäre beträchtlich: Zivilkläger können nach amerikanischem Recht bis zum Dreifachen des Streitwerts vom Beklagten erhalten. Allerdings ist es sehr schwierig, den entstandenen Schaden überhaupt abzuschätzen. Die Wirtschaftszeitung zitiert hierzu Robert Hall, einen Wirtschaftsprofessor an der Universität Stanford und Spezialist für solche Analysen. Hall geht davon aus, dass der Preis von Windows 98 um zirka 10 Dollar niedriger läge, wäre er unter fairen Wettbewerbsbedingungen entstanden. Bei mehr als 100 Millionen verkauften Kopien von Windows 98 läge allein hier der Schaden, der bei den Endverbrauchern entstanden ist, in Milliardenhöhe.
Noch schwieriger ist es, den Schaden von Konkurrenten zu ermitteln. Hauptkandidat für eine Klage gegen Microsoft wäre AOL. Der Online-Dienst hatte Anfang des Jahres den angeschlagenen Browser-Hersteller Netscape übernommen. Microsofts Geschäftspraktiken im Kampf um Browser-Marktanteile waren der Auslöser des Antitrust-Prozesses. AOL lehnt zurzeit jegliche Stellungnahme zu einem Zivilprozess gegen Microsoft ab. (jo)