NASA: Boeing und SpaceX sollen ab 2017 Menschen zur ISS fliegen

Die USA wollen nicht länger von Russland abhängig sein, um ins All zu fliegen. Boeing und SpaceX sollen deswegen ab 2017 NASA-Astronauten von den USA aus zur Internationalen Raumstation befördern.

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Ab 2017 möchten die USA wieder aus eigener Kraft Astronauten zur Internationalen Raumstation (ISS) fliegen können. Zu diesem Zweck hat die NASA Aufträge an Boeing und SpaceX erteilt. Das hat die Regierungsorganisation am Dienstagabend bekannt gegeben. Der Gesamtauftragswert könnte 6,8 Milliarden US-Dollar erreichen.

SpaceX und Boeing arbeiten unabhängig voneinander. Obwohl die beiden Unternehmen die selben Leistungen erbringen sollen, bekommt Boeing einen deutlichen höheren Anteil der Gesamtsumme. "Wir haben die Verträge auf Basis der Angebote (der Unternehmen) erteilt", sagte Kathy Lueders, Leiterin des Commercial Crew Program der NASA, bei einer Pressekonferenz am Kennedy Space Center in Florida.

Die Vergabe der Aufträge wird in den USA als patriotische Errungenschaft gefeiert.

(Bild: NASA)

Bis 2017 müssen die beiden Unternehmen mehrere Tests bestehen, darunter einen Testflug mit einem NASA-Mitarbeiter an Bord. Anschließend sollen sie jeweils mindestens zwei, höchstens sechs Flüge mit Astronauten und Fracht zur ISS und zurück durchführen. Der Erfolg des Programms ist selbstredend von technischen Parametern abhängig. Aber auch das US-Parlament muss noch das von der NASA begehrte Budget genehmigen.

Unterdessen will die NASA die Auftragsvergabe an Privatunternehmen dazu nutzen, um sich selbst auf das Fernziel eines bemannten Flugs zum Mars zu konzentrieren. Dazu arbeite man akribisch weiter an dem Space Launch System und der Orionkapsel. Damit wollen die USA noch vor dem Flug zum Mars außerdem auch Raumfahrer zu einem Asteroiden schicken.

Boeing und SpaceX (5 Bilder)

Für die Kooperation mit Boeing gibt es bereits ein erstes Plakat...
(Bild: NASA)

[Update 17.09.2014 7:57]:

Da es ja auch noch die russischen Flüge zu ISS gibt, würden mit den US-Flügen die Transportkapazitäten deutlich steigen. Auch die Verbleibedauer der Crew könnte deutlich erhöht werden. Das soll annähernd eine Verdoppelung der Forschungsaktivitäten auf der ISS ermöglichen. Und bereits zwei Stunden nach Rückkehr einer Raumkapsel sollen sich Forscher auf die damit zurückgebrachten Experiment-Objekte stürzen können.

Übrigens ist der Großteil des Auftragswertes nicht für die Transportflüge selbst vorgesehen, sondern für die Fertigentwicklung der dafür erforderlichen Systeme. Die Auftragnehmer müssen das selbständig erreichen und ihre Leistungsfähigkeiten in mehreren Stufen unter Beweis stellen. Die NASA zieht sich auf eine prüfende Rolle zurück. Jeden erreichten Meilenstein belohnt sie mit der Auszahlung einer Teilsumme.

Die Vergabe von Aufträgen an zwei Unternehmen hat die US-amerikanischen Fachjournalisten überrascht. Sie hatten erwartet, dass ein einzelnes Unternehmen aus dem Vergabeverfahren als Gewinner hervorgeht. Dabei macht es durchaus Sinn, nicht auf nur ein einzelnes Pferd zu setzen: Einerseits liegen sie mit einander im Wettbewerb und können im Verlauf des Projekts weniger einfach auf zusätzliche Zahlungen drängen.

Zweitens können unterschiedliche technische Lösungen im echten Einsatz getestet werden. Daraus werden die Entwickler und die NASA ihre Lehren ziehen. Und es könnte einen Einfluss darauf haben, welches Unternehmen nach Absolvierungen aller Tests wieviele Flüge durchführen darf. Garantiert sind nur zwei, aber mehr Flüge bedeuten auch mehr Einnahmen.

Der dritte Vorteil zweier Dienstleister liegt auf der Hand: Wenn bei einem Partner irgend etwas schief geht gibt es immer noch den anderen. Denn angesichts des ambitionierten Programms der bemannten Raumfahrt jenseits des Mondes will sich die NASA nicht durch Probleme bei der Versorgung des "Wohnzimmers" ISS aufhalten lassen.

Für Rätselraten sorgt der große Unterschied bei den höchstmöglichen Auftragswerten. Boeing könnte bis zu 4,2 Milliarden US-Dollar bekommen, SpaceX nur bis zu 2,6 Milliarden. Im Anschluss an die im NASA TV übertragene Pressekonferenz beantwortete Lueders noch in einer Telefonkonferenz Journalistenfragen. Die meisten Fragen drehten sich um genau diese Diskrepanz.

Den großen Preisunterschied zwischen Boeing und SpaceX konnte oder wollte NASA-Managerin Kathy Lueders nicht begründen.

(Bild: NASA-TV Screenshot)

Erklärung lieferte Lueders aber auch dort keine. Mehrmals betonte sie, dass beide Unternehmen die selben Vorgaben erfüllen müssen. Das zuständige NASA-Gremium habe die Anbote der Unternehmen erhalten und diese Anbote angenommen. Aber warum Boeings Vorschlag einen so viel höheren Preis hat wurde trotz wiederholter Fragen nicht erläutert. Denkbar wäre, dass Boeing zusätzliche Leistungen anbietet, die über die NASA-Vorgaben hinausgehen. Doch darauf gab es in den Äußerungen der NASA-Vertreter nicht den geringsten Hinweis. Vielleicht ist SpaceX einfach der Auffassung, die gleiche Leistung wirklich so viel billiger erbringen zu können.

Überhaupt hält die NASA Details zu den Verträge noch geheim. Begründet wurde dies damit, dass das Vergabeverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Offen blieb, warum das Ergebnis trotzdem schon jetzt bekanntgegeben wurde. Politische Gründe sind nicht auszuschließen. (ds)