Mobilität im Wandel: "Uber wird sterben"

Alle reden über Uber, aber nicht mit dem umstrittenen US-Unternehmen. Mitbewerber Blacklane will das ändern und hat die Branche zum Dialog nach Berlin eingeladen, um die dicke Luft zu klären. Immerhin ein Anfang.

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Fabien Nestmann kann mit offener Ablehnung ganz gut umgehen. Das muss er auch: Der Deutschlandchef des US-Unternehmens Uber darf sich der innigen Feindschaft des deutschen Taxigewerbes sicher sein. Das liegt weniger an Nestmanns Persönlichkeit, als an seinem Job – und seinem Boss Travis Kalanick. Der Uber-CEO hat mit seiner hemdsärmeligen Art und gezielten Invektiven gegen das Taxigewerbe die Beziehung nachhaltig belastet.

Will eigentlich gar nicht mit Uber reden: Taxifunktionär Michael Müller trifft auf Uber-Chef Fabien Nestmann.

(Bild: dpa)

Entsprechend gereizt ist die Stimmung, als Nestmann und zahlreiche Vertreter des Taxigewerbes auf einer Konferenz in Berlin zusammentreffen, die sich mit der Mobilität im Wandel befassen will. Aber sie sind alle hier, und damit kann Gastgeber Jens Wohltorf schon einen Erfolg verbuchen, bevor es überhaupt losgeht. Der CEO des Berliner Limousinenvermittlers Blacklane will alle an einen Tisch bringen, damit die nicht nur über Anwälte und die Medien kommunizieren. "Wir wollen einen Schnitt machen", sagt Wohltorf.

Es gibt Redebedarf, ohne Zweifel. Kein Unternehmen polarisiert derzeit so stark wie Uber. In Deutschland vermittelt das mit viel Risikokapital gepäppelte US-Startup Limousinen (UberBLACK) und Privatchauffeure (UberPOP) über seine App. Besonders UberPOP erhitzt die Gemüter: Das Geschäftsmodell halten nicht nur die Taxifahrer für illegal, sondern auch zuständige Behörden und die bisher damit befassten Gerichte. Trotzdem macht Uber weiter. "Es gibt viel zu besprechen", meint Nestmann, der übrigens mit dem Taxi gekommen ist. Viel sagt er dann aber nicht, es laufen ja Gerichtsverfahren. Es entsteht auch der Eindruck, der aus den USA vorgegebene Kommunikationskorridor ist nicht besonders breit.

Zum Dialog bekennt sich auch Michael Müller. "Wir sind grundsätzlich bereit, über alles zu reden", sagt der Präsident des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands (BZP). Aber nicht mit allen: Wer sich nicht an die Gesetze halte, mit dem werde nicht verhandelt. Ubers Geschäftsgebaren nennt er "kriminell". Wenn es konkreter wird, wiegelt Müller ab. Bei der Rückkehrpflicht für Mietwagen etwa, von Wohltorf und anderen Branchenvertretern als möglicher Ansatzpunkt für Reformen identifiziert, sieht Müller "keinen akuten Handlungsbedarf".

Das Taxigewerbe kann auf Zeit spielen, das Personenbeförderungsgesetz steht – und das Bundesverkehrsministerium hat derzeit keine Pläne, daran etwas zu ändern. Dabei waren sich am Mittwoch in Berlin alle weitgehend einig, dass die digitale Revolution auch auf dem Mobilitätsmarkt radikale Veränderungen bringt. "Das Internet verändert unsere Welt rapide, und wir müssen uns darauf einstellen", sagt Sabine Toepfer-Kataw, Staatssekretärin in der Berliner Senatsverwaltung Justiz und Verbraucherschutz.

"Der Impuls für Änderungen muss von der Politik kommen", fordert Alexander Mönch von MyTaxi. Doch die Politik hält sich mit konkreten Initiativen noch zurück. Man müsse die "rechtlichen Möglichkeiten prüfen", sagt der Großstadtbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Kai Wegner. Eine vollständige Deregulierung der Branche sei aber der "komplett falsche Weg". Das hören die Taxifahrer gerne, denen Wegner aber auch ihre eigenen Baustellen aufzeigt: Schwarzarbeit zum Beispiel, und prekäre Beschäftigungsverhältnisse.

Blacklane-CEO Jens Wohltorf, Fabien Nestmann (Uber) und Robert Henrich (Moovel) hören zu, was das Taxigewerbe zu sagen hat.

(Bild: Blacklane/Viktor Strasse)

Wohltorf fallen da noch ein paar mehr Punkte ein, die er diskutieren will. Zum Beispiel die unselige Türenregelung: "Taxen und Mietwagen müssen mindestens auf der rechten Längsseite zwei Türen haben", heißt es in der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft). Als Blacklane in Berlin einen Pilotversuch mit chauffierten Smarts starten wollte, "war die erste Reaktion: Geht nicht", erzählt Wohltorf. "Auch die zweite und dritte Reaktion war: Geht nicht."

Inzwischen rollen die schwarzen Smarts über die Straßen Berlins. Es geht also, wenn man miteinander redet. "Wir müssen uns zusammentun", sagt auch Robert Henrich, CEO von Daimlers Mobilitätsplattform Moovel- und "ehrlich diskutieren". Themen gibt es genug: Die Rolle des Taxis für den öffentlichen Personennahverkehr, starre gesetzliche Rahmenbedingungen, die Abgrenzung zu neuen Dienstleistern wie Blacklane oder auch Uber. Wohltorf will dabei auch über die "klare Linie" zwischen sinnvollen Vorschriften und Protektionismus sprechen.

Die gute Nachricht für aller Beteiligten: Der Markt für Mobilitätsdienstleistungen insgesamt wächst. Das ist vielleicht ein Ansporn, sich zusammenzuraufen. Dabei wird es Kompromisse geben müssen. "Dass alle glücklich sind, wird nicht gehen", sagt Sascha Schubert vom Bundesverband Deutsche Startups, und verweist auf weitere Baustellen, die Geschäftsmodelle wie Uber im Arbeits- und Steuerrecht aufreißen.

Während alle hoffen, von den anstehenden Umwälzungen der Branche am Ende auch irgendwie profitieren zu können, werden ein paar auf der Strecke bleiben, schätzt Toepfer-Kataw. Die Staatssekretärin überbringt die schlechte Nachricht: "Uber und die Taxizentralen werden sterben." Nestmann ist da optimistischer, was sein Unternehmen angeht. In naher Zukunft, sagt er, "ist das Personenbeförderungsgesetz in seiner heutigen Form nicht mehr vorhanden". Man wird sehen, wer Recht behält. Immerhin reden sie jetzt miteinander. Mönch kann von seinen Erfahrungen bei MyTaxi berichten: "Der Frieden rückt näher." (vbr)