Pay for Play? Youtuber als Werbeträger

Dürfen Youtuber Geld von Firmen nehmen, über deren Games sie berichten? Die Frage sorgt dies- und jenseits des großen Teiches mal wieder für viel Wirbel.

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Von
  • Stefan Mey
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Let's Play ist ein äußerst populäres Video-Genre mit simplem Strickmuster: Youtuber spielen ein neues Game und kommentieren das Geschehen, sie jubeln, schreien, schimpfen und fluchen. Gronkh, mit bürgerlichem Namen Erik Range, kommt damit auf mehr als 3 Millionen Follower. Für die Spiele-Industrie sind Let's-Play-Fans eine ideale Zielgruppe. Mit welchen Methoden die beworben werden darf, ist umstritten.

Der deutsche Let's Player Gronkh spielt The Evil Within.
(Youtube-Screenshot)

(Bild: Youtube-Screenshot)

Horror-Spot sorgt für Diskussion Schon im Frühjahr gab es eine aufgeregte Debatte um schmutzige Euros auf den Konten von Youtubern. Das Comedy-Trio YTitty stand unter Schleichwerbe-Verdacht. Jetzt ist die Diskussion wieder hochgekocht. Stein des Anstoßes: drei erfolgreiche Let's Player, Gronkh, Sarazar und SgtRumpel, sind in einem Fernseh-Werbespot zum Horror-Game "The Evil Within" aufgetreten.

SgtRumpel verteidigte das auf Facebook: es habe sich um keine Kauf-Aufforderung gehandelt, sondern nur um Werbung für die Horror-Sonderausgabe ihrer Gaming-Show Let's Play Together. Das Honorar sei eine Art Aufwandsentschädigung gewesen: "der Großteil dieser Gage geht in die Produktion von LPTlive – die Sendung kann sich nur tragen, wenn wir hin und wieder solche Sponsoren an Bord haben." Eine Verarschung der Community sei das alles keinesfalls.

USA: Knebelverträge in der Kritik In den USA tobt die Diskussion noch heftiger. Es war publik geworden, dass für einen Vorab-Zugang zu dem Spiel "Mittelerde: Mordors Schatten" dotierte Knebelverträge hätten unterzeichnet werden müssen. Und die enthielten haarsträubende Vorgaben: unter anderem müsste die Berichterstattung Lust machen, das Spiel zu kaufen, Bugs dürften nicht gezeigt werden, und die Videos müssten 48 Stunden vor Veröffentlichung der Produktionsfirma vorgelegt werden. Von vergleichbaren Auflagen für das Spiel in Deutschland habe er nicht gehört, schaltete sich Gronkh auf Facebook in die Diskussion ein.

Bei der Bezahl-Diskussion geht es im Kern um alte Fragen: müssen Blogger und Youtuber gesponserte Inhalte kennzeichnen, wie das Journalisten machen (und manche auch nicht)? Wie viel Einflussnahme der Wirtschaft ist zulässig? Und wovon sollen und können Youtuber leben, wenn das ganze mehr als Zeitvertreib sein soll?

Julian Banse vom Branchenmagazin Broadmark glaubt, dass das Schmieren von Youtubern in Deutschland eher die Ausnahme ist: "Generell ist es so, dass Let's Player nicht für das Spielen eines Spieles bezahlt werden. Das gibt es nur in einzelnen Fällen, ist jedoch nicht üblich." Und die meisten erfolgreichen Let's Player, die er kennt, seien gar nicht davon abhängig, ein Spiel nun früher zu bekommen oder nicht.

In einer Umfrage hatte das Gaming-Blog Gamasutra im Juli ermittelt, dass mindestens jeder fünfte der erfolgreicheren Youtuber schon einmal Geld angenommen hat. Der Youtuber boogie2988 verwies in einer aktuellen Stellungnahme auf die ökonomischen Zwänge von Youtubern. Die Werbeeinnahmen seien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Deals mit Produktionsfirmen könnten das ausgleichen. Als Korruption würde er das nicht bezeichnen. Er verweist zudem darauf, dass in den USA Werbe-Kooperationen in der Beschreibung des Videos gekennzeichnet sein müssen.


Solche Hinweise sind allerdings oft sehr dezent. In einem Interview mahnte einer Vertreterin der US-Handelsbehörde FTC in dieser Woche an, dass die Hinweise gut sichtbar sein müssen. Am besten sollte direkt im Video klar gemacht werden, dass Geld geflossen ist – ungeachtet der Frage, ob es sich um ein klassisches Rezensions-Format oder ein Let's Play handelt. Die Behörde spiele mit dem Gedanken, FAQs für die Kennzeichnung bezahlter Inhalte in nicht-klassisch journalistischen Formaten als Orientierung zu erstellen.

In Deutschland verbietet das Telemediengesetz Schleichwerbung und schreibt eine klare Kennzeichnung bezahlter Inhalte vor. Wenn Youtube-Videos juristisch als "Fernseh-ähnlich" gelten, legt der Rundfunk-Staatsvertrag sogar noch strengere Regeln an. Ob das Fall ist, ist aber noch komplett offen.

Den Verdacht der niederträchtigen Schleichwerbung wollen Gronkh und Sarazar zumindest bei ihrer aktuellen Kooperation anscheinend gar nicht erst aufkommen lassen. Sie erkunden gerade den Schauplatz des Shooters Far Cry 4 von Ubisoft. Im einem Video macht Sarazar klar: "Das wird von Ubisoft gesponsert, und wir können uns das Land in echt mal anschauen. Und das ist richtig geil." Er sei aber sowieso ein Far Cry-Fan und man müsse nun nicht in jedem Video das Spiel erwähnen. Insgesamt sei das die perfekte Symbiose.

Dass der Nepal-Trip gesponsert ist, ist also zumindest denen klar, die die Hinweise auf Facebook gesehen oder auf Youtube gehört haben. Und klar ist auch, dass die Play-und-Pay-Diskussion noch lange nicht zu Ende ist. (avr)