Bundesverwaltungsgericht: Bayern darf Kfz-Kennzeichen scannen

Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Bedenken gegen die in Bayern praktizierte massenhafte Erfassung von Autokennzeichen und den Abgleich der Daten mit Fahndungsdateien. Nun muss wohl das Verfassungsgericht ran.

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Die bayerische Polizei darf vorerst weiter Nummernschilder von Fahrzeugen automatisch erfassen und sie mit Fahndungsdateien abgleichen. Das Bundesverwaltungsgericht hat am Mittwoch eine Berufungsklage gegen diese umstrittene Praxis in letzter Instanz zurückgewiesen (Az.: BVerwG 6 C 7.13). Im Freistaat werden Auto-Kennungen an 12 Standorten auf 30 Fahrspuren erfasst. So werden jeden Monat rund acht Millionen Fahrzeuge mit Fahndungslisten abgeglichen.

In Bayern werden Nummernschildern an mehreren Stellen erfasst und mit Fahndungsdatenbanken abgeglichen.

(Bild: c't)

Geklagt hatte der Informatiker Benjamin Erhart, weil die Erfassung Millionen Autofahrer unter Generalverdacht stelle. Autofahrer könnten durch den "fehleranfälligen Massenabgleich" irrtümlich angehalten und kontrolliert werden. Es sei auch nicht ausgeschlossen, dass Polizei und Geheimdienste Bewegungsprofile erstellten. Die Maßnahme habe "abschreckende Wirkung" auf die Gesellschaft und keinen nennenswerten Nutzen. Die Erfolgsquote liegt Erhart zufolge bei 0,03 Prozent.

Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich in seinen Ausführungen zu dem Fall auf die Begründung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der die Überwachungsmethode Ende 2012 für zulässig erklärt hatte. Demnach habe der Kläger Erhart einen Eingriff in sein grundrechtlich geschütztes Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht "mit hinreichender Wahrscheinlichkeit" nachweisen können.

Wird das Kennzeichen eines vorbeifahrenden Kraftfahrzeugs von einem Scanner fotografiert und mit den dafür herangezogenen Dateien abgeglichen, ohne dass eine Übereinstimmung festgestellt wird, ist nach Ansicht der Richter "rechtlich und technisch gesichert, dass die Daten anonym bleiben und sofort spurenlos und ohne die Möglichkeit, einen Personenbezug herzustellen, gelöscht werden".

Eine Grundrechtsverletzung liege auch dann nicht gleich vor, wenn eine Übereinstimmung mit zur Fahndung ausgeschriebenen Zeichenfolgen angezeigt werde, heißt es weiter. Dies gelte zumindest, wenn ein Polizeibeamte bei einem zweiten manuellen Vergleich feststelle, dass die Kennzeichen tatsächlich nicht übereinstimmen. In diesem Fall werde der gesamte Vorgang umgehend durch Eingabe des Befehls "Entfernen" gelöscht, die Identität des Halters nicht ermittelt.

Vertreten wurde Erhart von Udo Kauss. Der Freiburger Jurist hatte 2008 Verfassungsbeschwerden gegen das Kfz-Kennzeichen-Scanning in Hessen und Schleswig-Holstein erfolgreich durchgefochten. Nun soll auch die bayerische Vorgehensweise vom Bundesverfassungsgericht geprüft werden. (vbr)