Koalition streitet über neue Anti-Terror-Maßnahmen

Justizminister Heiko Maas (SPD) will das Strafrecht an zwei Punkten verschärfen, um Anschlägen gewaltbereiter Islamisten vorzubeugen. Konservativen geht das nicht weit genug, sie drängen etwa auf die Vorratsdatenspeicherung.

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Nach dem Attentat im Parlamentsviertel der kanadischen Hauptstadt Ottawa vergangene Woche ist auch in Deutschland die Debatte über weitere Instrumente zur Terrorabwehr neu entbrannt. Bundesjustizminister Heiko Maas hatte bereits vor der Erschießung eines kanadischen Soldaten ein "Maßnahmenpaket" zum Bekämpfen der Miliz "Islamischer Staat" (IS) angekündigt. Innenexperten von CDU/CSU monieren nun, der SPD-Politiker sei nicht weit genug gesprungen.

Maas zufolge soll kriminalisiert werden, "wer Deutschland verlassen will, um sich an schweren Gewalttaten im Ausland zu beteiligen oder um sich für die Teilnahme an schweren Gewalttaten ausbilden zu lassen". Zudem will der Sozialdemokrat einen eigenständigen Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung schaffen.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl hält die Situation in Deutschland für genauso gefährlich wie die Lage nach dem 11. September 2001. "Wir haben allen Grund, sehr wachsam zu sein", unterstrich er im Deutschlandfunk. Gegenüber der Welt am Sonntag (WamS) forderte er einen neuen Anlauf zur Vorratsdatenspeicherung mit einer Mindestspeicherdauer von drei Monaten.

Der CDU-Vize will zudem die "Sympathiewerbung" für Terrorvereinigungen unter Strafe gestellt wissen und drängt auf stärkere Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Innern. "Rechtlich nachzubessern" sei hier etwa bei den Regeln dafür, Flugzeuge abzuschießen, die sich in Händen von Terroristen befinden.

Vertreter von Sicherheitsbehörden schlagen ebenfalls Alarm. Die "abstrakte Anschlagsgefahr" sei hierzulande so hoch wie noch nie, erklärte ein nicht namentlich genannter hoher Sicherheitsbeamter der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Vom Verfassungsschutz heißt es, dass die Zahl der in Richtung Syrien ausgereisten Islamisten nicht bei den offiziell angegebenen 450, sondern bei rund 1800 liege. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen zählt hierzulande inzwischen 6300 Menschen zur radikalislamischen Salafistenszene. Vor wenigen Jahren habe die Vergleichgröße bei 2300 gelegen.

Maas will nicht an der Sicherheits- und Überwachungsspirale drehen. "Jede terroristische Bedrohung ist immer auch eine Bewährungsprobe für den Rechtsstaat", sagte der Justizminister der WamS. "Wir müssen viel intensiver darüber debattieren, was wir präventiv tun können, um die Radikalisierung von jungen Menschen zu verhindern." Auch die grüne Innenpolitikerin Irene Mihalic hält vor allem eine "abgestimmte, koordinierte Präventions- und Deradikalisierungsstrategie" für wichtig.

Die kanadische Regierung will derweil auch gesetzlich aufrüsten. Im Gespräch sind ein einfacherer und verstärkter Austausch von Geheimdienstinformationen innerhalb der Allianz "5 Eyes" mit den USA, Australien, Großbritannien und Neuseeland, neue Formen, ausreisewillige Islamisten sowie andere "Gefährder" festzusetzen oder die Kriminalisierung politischer beziehungsweise religiöser Äußerungen, die zu Hass und Gewalt aufrufen. (anw)