Bill Gates: "Wir sollten aus Ebola lernen"

Bill und Melinda Gates kämpfen mit ihrer Stiftung unter anderem gegen die Ebola-Epidemie. Schwere Seuchen, die die Menschheit bedrohen, hält der Microsoft-Gründer auch in Zukunft für realistisch.

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Bill Gates

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Von
  • Andrea Barthélémy
  • dpa

Bill Gates (59) hat wenig Zeit. Eingezwängt zwischen Terminen bei der Kanzlerin und dem Entwicklungsminister gibt der Microsoft-Gründer und Vorsitzende der Gates-Stiftung Auskunft über die Pläne der weltgrößten Gesundheitsstiftung – und über den Kampf gegen Ebola. Fünf Tage, fünf europäische Städte bereist er, um vor allem für die weltweite Allianz zur Entwicklung von Impfstoffen (GAVI) neues Geld loszueisen. Von Deutschland als Gastgeber des kommendem G7-Gipfels erhofft er sich besondere Unterstützung.

Bill und Melinda Gates stehen gemeinsam mit Warren Buffet der US-Stiftung vor, die über gut 40 Milliarden Dollar Stiftungsvermögen verfügt. Förderschwerpunkte sind weltweite Gesundheit, Entwicklung sowie nationale Förderprogramme in den USA. 2013 flossen Fördergelder in Höhe von 4,3 Milliarden Dollar. Manche Kritiker bemängeln die Nähe der Stiftung zur Pharmaindustrie und mangelnde finanzielle Transparenz.

In Afrika sterben mehr als eine halbe Million Menschen jährlich an Malaria. Derzeit erstarren wir vor Ebola. Ist das der richtige Fokus?

Bill Gates: Sie haben recht, mehr als 650 000 Menschen sterben an Malaria. Das ist anhaltendes Problem, das wir lösen müssen. Aber Ebola ist ein Notfall, weil die Krankheit nicht nur viele Menschen tötet, sondern sich auch in viele andere Länder ausbreiten kann. In den betroffenen Ländern liegen die Gesundheitssysteme am Boden. Und so sterben nicht nur Menschen an Ebola, sondern auch an Malaria und anderen Krankheiten, Mütter sterben während der Geburt. Deshalb müssen wir in Liberia, Sierra Leone und Guinea mit aller Kraft eingreifen. Der Schlüssel dazu ist, Leuten beizubringen, die Körper der Erkrankten oder Gestorbenen nicht zu berühren. Wenn wir die Kapazität und den Ruf der Behandlungszentren verbessern, so dass Menschen dorthin gehen, bevor sie sehr krank und ansteckend sind, ist das der Weg.

Die Stiftung gab 50 Millionen Dollar zum Kampf gegen Ebola, was tut sie damit konkret?

Gates: Wir haben Mitarbeiter nach Liberia und Sierra Leone geschickt. Aber am meisten fließt in die Bereitstellung von Hilfsmitteln, etwa spezielle kühlende Schutzanzüge, in die Medikamenten- und Impfstoffentwicklung. Wir haben gerade mobile Bluttransfusionseinheiten eingeflogen, weil wir sehen, dass sich Menschen nach Transfusionen schneller erholen.

Tun die westlichen Länder genug?

Gates: Die Epidemie erinnert uns daran, dass die Gesundheitsbedingungen in den armen Ländern oft sehr schwierig sind, und dass, wenn wir den armen Ländern nicht helfen, auch eine weltweite Bedrohung entstehen kann. In Sachen globaler Gesundheit spielt Deutschland eine immer stärkere Rolle. Es hat seinen Beitrag zum Global Fund gegen HIV, Malaria und Tuberkulose signifikant erhöht. Und wir sprechen darüber, welchen zusätzlichen Beitrag Deutschland leisten könnte, damit Impfstoffe, wie sie reiche Kinder bekommen, auch zu den ärmsten Kindern gelangen.

Was zeigt uns die Ebola-Tragödie für die Zukunft?

Gates: Wir hatten ja noch Glück, denn wenn Ebola leichter übertragbar wäre, würde es sich auch viel weiter ausbreiten. Und es besteht kein Zweifel, dass irgendwann in den nächsten 20 Jahren eine solche Epidemie auftauchen wird. Wir sollten aus Ebola lernen: ob wir zu langsam waren, ob wir die richtigen Werkzeuge nutzen, ob wir die Daten aufmerksam beobachtet haben. Dann sollten wir nach vorne gucken. Und sehen, wo wir etwas besser machen können, wenn ein ganz großes Ding auf uns zukommt.

Gates dankte Dienstag bei einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) der Bundesregierung für die aktive Rolle Deutschlands bei Gesundheitsprogrammen in armen Ländern. Merkel ist die Schirmherrin der Geberkonferenz der Globalen Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (Gavi) am 27. Januar in Berlin. Gavi hat bereits 440 Millionen Kinder in Entwicklungsländern geimpft und so zum Rückgang der Kindersterblichkeit beigetragen. Die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung ist derzeit der wichtigste private Geldgeber von Gavi.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte nach einem Gespräch mit Gates: "Wir planen, unsere Unterstützung für Gavi auf 40 Millionen Euro jährlich zu erhöhen – vorausgesetzt der Bundestag stimmt zu.[i] Gates solle sein Anliegen doch bitte bei seinem anschließenden Treffen mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) überzeugend vortragen.

In diesem Jahr sind für die Unterstützung der Initiative im Bundeshaushalt 38 Millionen Euro vorgesehen. 2013 hatte die Bundesregierung 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Zusammen mit bilateralen Hilfszusagen für Impfkampagnen in Ostafrika will Müller bis 2020 knapp 500 Millionen Euro für Projekte einplanen, die von Gavi durchgeführt werden. (jk)