Vor der Entscheidung: Fronten im Microsoft-Prozess unverändert
Das US-Justizministerium lehnte praktisch alle neu formulierten Vorschläge des Softwareriesen zu den von den Klägern geforderten Auflagen ab.
Im US-Kartellprozess gegen Microsoft bleiben die Fronten wenige Tage vor der erwarteten Bekanntgabe des Strafmaßes verhärtet. Das US-Justizministerium lehnte am Montag praktisch alle neu formulierten Vorschläge des Softwareriesen zu den von den Klägern geforderten Auflagen ab und machte in seinem revidierten Antrag nur geringfügige Änderungen. Ein Microsoft-Sprecher sprach von rein kosmetischen Änderungen im neuen Papier des Justizministeriums: "Sie akzeptierten Wörter und Kommas."
Die Regierungsanwälte lehnten unter anderem den Vorschlag ab, Microsoft mehr Zeit zur Vorbereitung der Aufteilung in zwei Unternehmen zu geben. Microsoft wollte im Falle eines entsprechenden Urteils zwölf Monate Zeit haben, der Regierungsvorschlag sieht vier Monate vor. Insgesamt hatte Microsoft 100 Änderungen am Antrag der Klägerseite vorgeschlagen, von denen das US-Justizministerium in seiner Stellungnahme nun 20 akzeptierte. Im Umfeld des Verfahrens hieß es, die Klägerseite habe praktisch in keinem entscheidenen Punkt nachgegeben. Die wenigen vorgeschlagenen Änderungen, die das US-Justizministerium aufnahm, drehten sich größtenteils um Schreibfehler und Begriffsdefinitionen.
Letzte Woche hatte die US-Regierung noch überraschenderweise um Zeit für eine neue Stellungnahme nachgesucht. Der Änderungsvorschlag von Microsoft, der ursprünglich der letzte Antrag vor der Verkündung des Strafmaßes sein sollte, enthalte Punkte, die sinnvoll seien, hieß es am Donnerstag aus Regierungskreisen. Nun hat das US-Justizministerium allerdings die meisten Vorschläge Microsofts scharf zurückgewiesen: Sie würden Schlupflöcher aufreißen und Microsoft die Gelegenheit geben, weiterhin mit wettbewerbsschädlichen Praktiken zu arbeiten. So sprachen sich die Regierungsanwälte beispielsweise auch gegen die in Redmond angestrebte Löschung von Vorschriften für Lizenz- und Discount-Vereinbarungen aus, da dies dem Konzern erlaube, Wohlverhalten durch unterschiedliche Preise und Lieferbedingungen zu erzwingen.
Microsoft hat nun bis Mittwochvormittag Gelegenheit, eine letzte Reaktion auf den Regierungsantrag einer Zerschlagung des Unternehmens einzureichen. Die Entscheidung über das Strafmaß in dem Verfahren wird von Richter Thomas Penfield Jackson noch diese Woche erwartet – die meisten Beobachter gehen davon aus, dass Jackson seine Entscheidung am Freitag nach Börsenschluss bekannt geben wird. Der Richter hatte bereits im April befunden, dass Microsoft sein Quasi-Monopol beim Betriebssystem Windows zum Schaden der Verbraucher missbraucht habe. Bei einer Anhörung vor wenigen Tagen hatte Jackson zudem zu erkennen gegeben, dass er eine Zerschlagung des Konzerns befürwortet. (jk)