Wo bleiben die vielen Besucher?

Der erwartete Verkehrsinfarkt ist nicht eingetreten, aber die Veranstalter der Weltausstellung sind trotzdem nicht zufrieden.

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Von
  • Frank Fremerei

Gähnende Leere herrschte in den vergangenen Tagen auf dem Expo-Gelände – und das, obwohl die deutsche und internationale Presse begeistert von den Eröffnungsfeierlichkeiten berichtet hatte. Wie viele Besucher an den ersten Tagen der Weltausstellung tatsächlich auf dem Gelände waren, weiß die Expo-Gesellschaft bis heute nicht.

Bis gestern morgen mussten dafür als Erklärung technische Pannen im Buchungs- und Einlasssystem herhalten, die aber nun behoben seien. Trotzdem befürchtet man, so Expo-Sprecher Knuth Lampe zu c't, "dass es zu erneuten technischen Problemen bei den Buchungen kommen könnte, wenn man versuchte, die Besucherzahlen aus dem System abzufragen." Erklärend fügt er noch hinzu, dass diese Funktion das System in etwa so belasten würde wie "das Neuordnen der Daten auf dem Datenträger", vulgo Defragmentieren genannt.

Weil man keine harten Zahlen hat oder diese nicht nennen will, verlegt man sich aufs Schätzen. Die Eröffnungstage sollen 360.000 Gäste besucht haben. Die Losung für die Folgetage lautet: "Wir schätzen, dass wir durchschnittlich 70.000 Besucher pro Tag hatten". Für vergangenen Sonntag lag die Zahl der Drehkreuzbewegungen an den Eingängen zum Expo-Gelände – nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung zumindest – bei 16.000, aber das kann ja daran gelegen haben, dass die Drehkreuze auch nicht richtig funktionierten, wie Expo-Sprecher Dr. Rainer Volk gestern auf der Pressekonferenz erläuterte. 70.000 Besucher durchschnittlich wären immerhin knapp halb so viel wie nötig, damit die Expo mit nur 400 Millionen DM Verlust abschließt. Zeitarbeitsfirmen entlassen schon mal vorsorglich einige ihrer gerade frisch angeworbenen Mitarbeiter.

Ein gutes Bild für die seltsame Stimmung ist der Irisch Pub, der für etwa 1500 Besucher Platz bietet, in dem die 15 Gäste zur besten Abendbrotzeit zwischen frustriertem Personal fast verlorengehen oder das Konzert des schwedischen Shooting-Stars Robyn vor sage und schreibe 35 Zuhörern stattfindet. Bei der Expo-Gesellschaft denkt man inzwischen über Maßnahmen nach, die das Gelände doch noch mit mehr zahlenden Gästen als bisher füllen sollen. Doch viele Möglichkeiten hat man dazu nicht. Die Gesamtrechnung geht nur auf, wenn die beiden Hauptfaktoren Eintrittspreise und Besucherzahlen in etwa so bleiben beziehungsweise werden, wie man sie im Vorfeld geplant hat.

Als Sofort-Maßnahme bittet Expo-Sprecher Volk uns Journalisten, fortlaufend über die Expo zu berichten, um Publikum anzuziehen. Allerdings sind auf dem riesigen Gelände die Highlights teils gut versteckt, und auch wir haben noch nicht alle entdecken können. Für den zahlenden Gast bedeutet das, entweder mehrfach zur teuren Expo zu kommen oder abzuwarten, bis er sich aus Presse, Funk und Fernsehen ein Bild von dem gemacht hat, was er sehen will. (frf)