Staatsanwaltschaften: Datenflut verzögert Ermittlungen

Mobilfunkdaten, Chat-Protokolle und E-Mails sind Fundgruben für Ermittler. Die Prüfung der Dateien von Handys, Computern und Internet aber kostet Zeit. Das verzögert die Bearbeitung von Verfahren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 94 Kommentare lesen
Staatsanwaltschaften: Datenflut verzögert Ermittlungen
Lesezeit: 2 Min.

Die deutschen Staatsanwaltschaften klagen einem Bericht des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) zufolge über schwerwiegende Probleme bei Ermittlungen, weil Mitarbeiter unter anderem durch die Auswertung von immer mehr Kommunikationsdaten überlastet seien. Weil Beweismaterial nicht mehr fristgerecht ausgewertet werden könne, drohten sogar Prozesse zu platzen, berichtet MDR Info unter Berufung auf ein internes Schreiben der Generalstaatsanwälte.

"Inzwischen spielt sich viel Kriminalität über Computer ab", sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Dresden, Wolfgang Klein, am Montag. Bei fast jeder Durchsuchung würden Computer beschlagnahmt. "Die Anzahl der Gutachten und die Auswertung von Computerdateien sind enorm angestiegen." Sei es früher um Gigabyte gegangen, "reden wir heute bei fast jedem Gerät von Terabyte". Abgesehen von der Menge sei es oft schwer, an die Daten heranzukommen. "Viele sind verschlüsselt."

Dem MDR-Bericht zufolge ist in den vergangenen Jahren die Masse der auszuwertenden Mobilfunk- und Internetdaten sowie von DNA-Proben deutlich gestiegen. In einigen Fällen hätten Gerichte sichergestellte Beweismittel wie Computer und Handys ungeprüft zurückgeben lassen, weil die Untersuchungen zu lange gedauert hätten. Bei Justiz und Polizei sei von "Notstand" die Rede. In Brandenburg etwa habe sich das auszuwertende Volumen von Computerdaten innerhalb von fünf Jahren auf zuletzt mehr als 450 Terabyte verdoppelt. Im Mobilfunkbereich hat sich das Datenvolumen sogar verachtfacht.

Das Problem betrifft dem Bericht zufolge die gesamtdeutsche Justiz. Besonders dramatisch soll die Situation in Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Brandenburg, Hessen und Niedersachsen sein. Hier sind "die kriminaltechnischen Institute der jeweiligen Landeskriminalämter überlastet", zitiert der MDR aus dem internen Papier. "Die Situation ist problematisch, aber nicht dramatisch", versucht ein Sprecher der brandenburgischen Generalstaatsanwaltschaft den Bericht zu entkräften. Strafverfahren seien in Brandenburg deswegen bislang nicht geplatzt.

Klein bestätigte, dass die Generalstaatsanwälte auf ihrem Treffen in Görlitz vor einigen Monaten über das Problem und Lösungsmöglichkeiten diskutiert haben. Das Papier, auf dass sich der MDR beruft, kenne er aber nicht. "Wir versuchen, die Situation zu entschärfen, durch Priorisierung und andere Maßnahmen." So werden Beweismittel in allen Haftsachen wie Mord und Totschlag vorrangig ausgewertet und auch externe Gutachter bemüht. (Mit Material der dpa) / (vbr)