Kommentar: Nvidias schmutzige Kartentricks

Nvidias GTX-970-Schummelei ist nur die Spitze des Eisbergs: In der Vergangenheit fiel die Firma immer wieder durch fragwürdige Tricksereien auf. Nvidia muss endlich seriöser und vertrauenswürdiger werden, kommentiert Martin Fischer.

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Kommentar: Nvidia -- einfach unverbesserlich

Nvidia-Chef Huang und die Holzschrauben-Attrape der vermeintlich ersten Fermi-Grafikkarte.

(Bild: c't/mfi)

Lesezeit: 2 Min.

Der Grafikchip-Hersteller Nvidia benimmt sich immer wieder daneben. Selbstverständlich preisen alle Firmen ihre jeweiligen Produkte in den höchsten Tönen, aber Nvidia nimmt es mit der Wahrheit auffallend oft nicht genau genug. Nvidia muss endlich vertrauenswürdiger werden – und ehrlich kommunizieren.

Der Schmu mit der GeForce GTX 970 ist kein Einzelfall, sondern nur das jüngste Glied in einer Kette von Vorkommnissen, die Kunden und Entwickler erzürnten. Ende 2012 führte Nvidia Käufer hinsichtlich der vermeintlichen DirectX-11.1-Fähigkeit der Kepler-Grafikkarten in die Irre. Als Nvidia 2011 den Tegra 3 ankündigte, sollte dessen Leistung das Fünffache des Vorgängers erreichen. Gemeint waren jedoch doppelte CPU- und dreifache GPU-Performance – das rechnet Nvidia zur pauschalen Fünf hoch. Solche Rechentricks erinnern an das Geschäftsgebaren unseriöser Straßenverkäufer.

2010 hielt Nvidia-Chef Huang stolz die vermeintlich erste Fermi-Grafikkarte in die Luft, die wenig später als mit Holzschrauben zusammengedengelte Attrappe entlarvt wurde.

Ein Kommentar von Martin Fischer

Martin Fischer arbeitet seit 2008 bei Heise, mittlerweile als stellv. Chefredakteur bei heise online. Er kennt sich mit GPUs, Spiele-Engines und Computergrafik aus und befasst sich gerne mit Geheimprojekten.

Schwerer wogen die zahlreichen, aber von Nvidia nie konkret erklärten Ausfälle von Mobil-Grafikchips der Serien G84 und G86. Nur die Käufer renommierter Notebook-Marken bekamen halbherzigen Ersatz, Besitzer von Geräten kleinerer Produzenten ließ Nvidia im Regen stehen. Bis heute reparieren Techniker mit Heißluft-Lötmaschinen betroffene Mobilrechner. Öffentliche Produkt-Fehlerlisten, wie sie AMD und Intel immerhin für viele ihrer Produkte einigermaßen sorgfältig pflegen, findet man bei Nvidia nicht.

Man muss es ja nicht gleich wie Linux-Erfinder Linus Torvalds halten, der in seiner 2012er-Wutrede seinen Stinkefinger streckte und Nvidia als "mit Abstand schlimmste Firma" betitelte, mit der er je zu tun gehabt habe. Aber Nvidia darf sich nicht wundern, dass selbst zufriedene GTX-970-Besitzer stinksauer über ein solches Verhalten sind.

Nvidia muss den derzeitigen Aufruhr als Chance begreifen und die Kommunikationsstrategie überdenken. Und vor allem muss sich die Firma künftig schlicht ehrlich gegenüber denjenigen verhalten, die den Speicher-Schmu der GTX 970 aufdeckten – nämlich treuen GeForce-Käufern, die mehr als 300 Euro für eine solche Karte auf den Tisch legten. Aber vielleicht sind mehr als 70 Prozent Marktanteil bei den Grafikkarten der Firma schon zu sehr zu Kopf gestiegen. (mfi)