Lasst sie Kuchen essen

Google behebt eine zentrale Sicherheitslücke in vielen Android-Geräten nicht. Das wirkt wie beim ollen Sonnenkönig.

Geschichte wiederholt sich – aber als Tragödie und als Farce, hat Marx mal geschrieben. Da mag tatsächlich was dransein. Wenn ich in letzter Zeit was über Google lese, muss ich immer an den Vorabend der französischen Revolution denken.

Im Ernst: Ich weiß natürlich, dass es einerseits nur um ein Betriebssystem für Telefone geht – und auf der anderen Seite um ein epochemachendes Ereignis der Weltgeschichte. Und Evgeny Morozov würde wahrscheinlich wieder zetern, dass die Generation Internet jedes Bewusstsein für Geschichte verloren hat.

Aber als ich neulich las, dass Google eine zentrale Sicherheitslücke im Internet-Browser aller alten Android-Versionen – also alles bis Android 4.3 – nicht mehr schließen will, kam mir das schon ein bisschen vor wie beim ollen Sonnenkönig. Nur noch mal zum auf der Zunge zergehen lassen: Wir sprechen über eine bekannte Sicherheitslücke, im Standard-Internet-Browser von Android. Was machen die Leute wohl mit internetfähigen Telefonen? Na?

Naja, werden Sie sagen. Der große, summende Maschinen-Gott hat ja kurze Zeit später seinen Usern empfohlen, einfach einen anderen Browser zu installieren. Das ändert zwar nichts an der Sicherheitslücke. Die ist immer noch da. Und das Webview-Modul wird nicht nur vom Browser benutzt, sondern auch von anderen Android Apps.

Richtig bizarr wird die Sache aber, wenn man diesen Artikel aus dem Wallstreet Journal liest. Darin erklärt Erik Schmidt, Executive Chairman von Google, Analysten und Presseleuten, dass Google auf der Suche nach der Suche der Zukunft ist. Sie arbeiten an einem mobilen Gerät, dass dem User über Sachen informiert, von denen dieser noch gar nicht weiß, dass er sie wissen will. Klingt kompliziert. Ist es aber nicht, weil Google uns besser kennt, als wir selbst.

Und an wen hat mich das wohl erinnert? Richtig, an Marie Antoinette. Die dem französischen Volk empfohlen haben soll, Kuchen zu essen, wenn es kein Brot hat. Ich konnte einfach nicht anders. Ich hatte immer ein Bild von Schmidt vor Augen, mit massenhaft Puder und einer dieser albernen Locken-Perücken. Auch wenn diese Vorstellung historisch-politisch nicht korrekt ist, hat sie doch einen Vorteil: Ich hab' mich über die Arroganz von Google nicht mehr geärgert. Zumindest eine Zeit lang. (bsc)