Yahoo: Das "weltgrößte Startup" wird 20

Ein Internet-Pionier feiert Geburtstag: Heute vor 20 Jahren wurde aus Yahoo eine richtige Firma. David Filo und Jery Yang machten aus ihrem Studienprojekte einen Medienkonzern, der heute allerdings schwächelt. Ein Rückblick.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 38 Kommentare lesen
Yahoo

(Bild: dpa, Michael Nelson0)

Lesezeit: 7 Min.
Inhaltsverzeichnis

Heute feiert Yahoo seinen 20. Geburtstag: Am 2. März 1995 wurde aus einem Studentenprojekt eine richtige Firma. Die nahm ihren Anfang nicht in einer Garage, sondern in einem Wohnwagen. Dort sammelten die beiden Stanford-Studenten David Filo und Jery Yang Internetadressen, die sie kommentierten und in einen Katalog sortierten. 1994 war das noch möglich, denn mit knapp 3000 Websites war das Internet noch einigermaßen überschaubar.

In Handarbeit entstand "Jerry and David's Guide to the World Wide Web". Das Verzeichnis wuchs und war ein ziemlicher Erfolg: Ende 1994 hatte es bereits 100.000 Nutzer und eine Million Hits. Filo und Yang erkannten das Potenzial ihres Navigationssystems fürs Netz und gründeten gemeinsam ein Unternehmen. Dessen Name musste allerdings einprägsamer sein als ihr "Guide to the World Wide Web". Jery Yang entschied sich für Yahoo!, mit Ausrufezeichen. Am 18. Januar 1995 registrierten sie die passende Domain.

Yahoo steht für "Yet Another Hierarchical Officious Oracle", bezieht sich außerdem auf hässliche Kreaturen in "Gullivers Reisen". Als "Yahoo" bezeichnet man im Englischen auch einen Lümmel, einen Rohling. Egal, der Name klang gut, jung und lustig.

Ernst wurde es am 12. April 1996, als das Unternehmen an die Börse ging. Mehr als 2,6 Millionen verkaufte Aktien zu je 13 US-Dollar erbrachten 33,8 Millionen US-Dollar. Mit dem Geld wuchs Yahoo und wurde global: In München eröffnete kurz nach dem Börsengang eine deutsche Niederlassung. Weitere Yahoo-Ableger gingen in Großbritannien, Frankreich, Indien, Kanada und vielen weiteren Ländern online. Im US-Fernsehen fragten Yahoo-Werbespots: "Do You Yahoo?" Heute lautet die Antwort: "Ne, ich google."

20 Jahre Yahoo (12 Bilder)

A Guide to WWW: So sah Yahoo 1994 aus. Zu erreichen war die Website unter http://akebono.stanford.edu/yahoo.
(Bild: Yahoo)

Im Internetboom der 90er-Jahre schien in diesem neuen, aufregenden Medium alles möglich. Die New Economy versprach gutes Geld und verschiedene Portale und Suchmaschinen poppten auf. Lycos und Excite holten sich Geld von Aktionären, mit Altavista ging eine der ersten Suchmaschinen online. Sie alle brachten Ordnung ins Web – doch es war Yahoo, das sich als erfolgreichste Anlaufstelle im Web etablierte. Um mehr Leute zu erreichen, kaufte Yahoo den Mail-Dienstleister Rocketmail oder den Web-Hoster Geocities und integrierte sie ins eigene Angebot. Die Nutzer sollten bei Yahoo alles kriegen, was sie im Netz brauchen: E-Mail, Nachrichten, Spiele, Gruppen/Foren, Instant Messaging – alles aus einer Hand. Die Werbeeinahmen stiegen wie der Aktienkurs von Yahoo: Das Papier war im Januar 2000 zeitweise 475 US-Dollar wert.

Weil das Web rasant wuchs, reichte ein einfaches Verzeichnis nicht mehr aus. Deshalb schloss Yahoo im Juni 2000 eine Partnerschaft mit einer kleinen, aber sehr mächtigen Suchmaschine. Die Beziehung mit Google hielt fast vier Jahre, bis Google 2004 seinen eigenen Weg ging.

Kurz nach der Jahrtausendwende platzte weltweit die Dotcom-Blase. Firmen gingen pleite und deren Websites offline. Umsatzeinbußen und mäßige Geschäftszahlen machten auch Yahoo zu schaffen, doch das Unternehmen überlebte die Krise. Eine YHOO-Aktie war am 26. September 2001 allerdings nur noch 8,11 Dollar wert.

Der ehemalige Partner Google entwickelte sich zu einem immer stärkeren Konkurrenten. Mit GMail bot er seinen Kunden 1 GByte Speicher für ihre elektronische Post. Bei Yahoo waren es zu der Zeit mickrige 4 MByte, die das Unternehmen als Reaktion schnell aufstockte. Der einstige Vorreiter hinkte hinterher.

Im Jahr 2005 kaufte Yahoo die populäre Foto-Plattform Flickr und schloss sein eigenes Angebot "Yahoo Photos". Begeistert waren die Flickr-Nutzer von der Übernahme nicht: Sie mussten einen Yahoo-Account anlegen, um den Dienst weiterhin nutzen zu können. Dann passierte bei Flickr lange nichts, als hätte Yahoo die Plattform vergessen. Erst 2013 gab es den längst überfällig Relaunch – und einen Terabyte Speicher für Videos und Fotos.

Zwischendurch wollte Microsoft Yahoo kaufen; doch das Geschäft kam 2008 nicht zustande. Eine feindliche Übernahme wagte Steve Ballmer nicht. Später startet Microsoft eine eigene Suchmaschine namens Bing – und kooperiert mit Yahoo, weil der gemeinsame Konkurrent Google zu mächtig ist.

Seit 2012 sorgt Marissa Mayer für frischen Wind bei Yahoo. Richtig zufrieden sind die Aktionäre mit ihrer Arbeit aber nicht.

(Bild: dpa, Epa/Archiv)

Seit 2012 sorgt die ehemalige Google-Frau Marissa Mayer für frischen Wind bei Yahoo und mistet erst mal aus. Mehr als 30 Produkte stampft Yahoo im Laufe des Jahres 2013 ein, übernimmt aber auch kleine Unternehmen. Yahoo bekommt ein neues Logo und die US-Website ein neues Design. Der Auftritt soll "frisch und dynamisch" wirken, erklärt Mayer der New York Times. Der Relaunch von "Yahoo Mail" jedoch missglückt, die Nutzer sind verärgert.

Mayer setzt auf mobile Dienste, digitale Magazine und Videos. Und Yahoo entwickelt eigene TV-Serien: Die Kultshow "Community" läuft ab März exklusiv auf "Yahoo Screen". Die wichtigste Einnahmequelle bleibt die Onlinewerbung, doch richtig gut läuft das Geschäft da nicht. Der Wert einer Anzeige auf Yahoo sinkt und damit die Gewinne. Außerdem hat Yahoo ein Imageproblem: Junge Leute finden Yahoo längst nicht so cool wie Facebook oder Instagram, wo sie viel mehr Zeit verbringen.

In knalligen Farben verkündete Yahoo-Chefin Mayer den Kauf von Tumblr in ihrem eigenen Tumblr-Blog.

Die anschließende Verjüngungskur ist teuer: Für 1,1 Milliarden US-Dollar übernimmt Yahoo im Mai 2013 die hippe Blogging-Plattform Tumblr. "Wir versprechen, dass wir's nicht vermasseln", schreibt Mayer in ihrem Tumblr-Blog. Die Nutzer machen sich trotzdem Sorgen: Was würde mit den vielen, vielen pornografischen Bildern und GIFs passieren, die bei Tumblr munter gepostet und verbreitet werden? – Nichts, wie sich herausstellte, nur ein bisschen Werbung tauchte auf den Tumblr-Dashboards auf. Tumblr-Gründer und CEO David Karp jedenfalls hat keinen Grund zur Klage: Yahoo habe alles erfüllt, was sie versprochen haben, sagte er ein Jahr nach dem Verkauf. Nur muss Tumblr jetzt auch Geld einbringen.

Yahoos Konkurrenz schläft nicht, das wissen die Aktionäre. Bei einer Hauptversammlung im Sommer 2013 kritisierte einer von ihnen, dass Google "bei der Suche Lichtjahre voraus" sei. Außerdem würde Facebook bei der Banner-Werbung stärker wachsen.

Dass Yahoo irgendwann wieder Vorreiter wird, ist keine einfache Herausforderung für Mayer. Sie bezeichnet Yahoo als "das weltgrößte Startup", das man nicht unterschätzen solle. Immerhin hat Yahoo in den USA mehr Besucher auf seine Seiten gelockt als Google. Ein Lichtblick.

Ein bisschen Geduld müssen die Aktionäre aber noch haben: "Es wird Jahre dauern, die Firma zu dem Wachstum zu bringen, das wir gerne hätten", erklärte Mayer den Aktionären Anfang 2014. Dafür braucht Yahoo gute Ideen, damit der Gewinn nicht weiter schrumpft. (dbe)