Spam der Woche

Ich bekomme täglich Dutzende von Pressemitteilungen. Manche sind einfach nur sachlich und vielleicht ein bisschen langweilig. Andere sind so grell, dass sie außer Buzzwörtern nichts enthalten. Und manche sind einfach nur dreist.

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Ich bekomme täglich Dutzende von Pressemitteilungen. Manche sind einfach nur sachlich und vielleicht ein bisschen langweilig. Andere sind so grell, dass sie außer Buzzwörtern nichts enthalten. Und manche sind einfach nur dreist.

So wie die, mit der schönen Betreffzeile "Zipjet will Berlinern an die Wäsche". Nein nein, nicht, was Sie jetzt denken. Ist clever gemacht, von den kreativen Hipstern in ihrer Werbeagentur. Aber es geht nicht um einen schmierigen Begleitservice, der über eine App organisiert wird - das kommt bestimmt auch noch, ist aber jetzt noch nicht dran. Nein, Zipjet ist ein Wäscheservice aus dem Hause Rocket Internet.

"ZipJet holt die Wäsche an der Tür ab, reinigt und behandelt die Kleidung und bringt sie innerhalb von 24 Stunden zum Kunden zurück", heißt es in der Pressemitteilung. "Nach einem gelungenen Start in London möchte das Unternehmen nun seinen Erfolg in Berlin fortsetzen." Das war der sachliche Teil.

Aber dann heben sie ab: „Hinter ZipJet steht eine große Mission: Wir wollen den Menschen mehr Freizeit und Zeit für ihre Familie und Freunde schenken." Super, denke ich. Die schenken mir Zeit. Ich hätte gerne - na sagen wir mal - pro Woche zehn Stunden extra. Damit ich mal wieder so richtig ausschlafen kann.

Wie, war nicht nicht so gemeint? Lesen wir weiter: "Es ist nicht neu, dass Menschen das Gefühl haben, immer weniger von ihrer Zeit zu haben: sie verbringen immer mehr Zeit im Büro oder beim Studium, haben eine Familie zu managen, reisen viel und müssen sich um den Haushalt kümmern." Ach so, es geht nur um Das "Gefühl, viel weniger von meiner Zeit zu haben"? Das erinnert mich an diesen legendären Loriot-Sketch "Szenen einer Ehe", wo die Frau ihrem Mann erklärt, dass sie das Ei immer drei Minuten kocht. Das hätte sie im Gefühl. Und er, unzufrieden mit seinem hart gekochten Frühstücksei: "Vielleicht stimmt was mit Deinem Gefühl nicht?".

Aber das ist eine andere Geschichte. Im Grunde genommen geht es hier doch nicht um gefühlte Zeit, sondern um reale: "Mit ZipJet schenken wir unseren Kunden Zeit, in der sie sich den Dingen im Leben widmen können, die ihnen wirklich wichtig sind. Dieser Gedanke treibt uns an.“, sagt Florian Färber, Global Co-Founder von ZipJet."

Echt jetzt? Das treibt ihn an? Da würde ich mir als Risikokapitalgeber ja echt ein bisschen Sorgen machen. Ich dachte, es ginge darum, jetzt in Deutschland den Markt abzuräumen. So wie Uber das weltweit macht: Wir nehmen irgendeine Dienstleistung, bauen eine Online-Plattform und eine App, vermitteln darüber Kunden und freischaffende Minijobber - und werden dabei reich, reich, reich. Das ist nicht das Ziel von Florian Färber? Der will den Menschen Zeit schenken? Damit sie sich den Dingen im Leben widmen können, die Ihnen wirklich wichtig sind? Ganz ganz doll ehrlich jetzt?

Jetzt mal im Ernst, liebe PR-Abteilung von Zipjet. Es gibt an dieser Stelle für mich genau zwei Möglichkeiten. Entweder ich glaube, ihr wollt mich einfach für dumm verkaufen. Mich und viele Kolleginnen und Kollegen in Deutschland. Oder ihr habt am Wochenende ein paar von diesen Pillen mit den Herzchen zuviel eingeworfen.

Beides ist nicht gut. Denkt noch mal drĂĽber nach. Bitte, bitte. (wst)