Oracle-Produkte ablösen oder Virtualisierungssoftware beibehalten?
Mit einer Umfrage will die DOAG herausfinden, wie die Anwender mit den exorbitanten Preiserhöhungen umgehen, die sich aus dem erweiterten Funktionsumfang neuerer vSphere-Versionen ergeben.
Im Rahmen der Verhandlungen mit Oracle um deren Lizenzberechnung in virtualisierten Umtgebungen startet die DOAG Deutsche ORACLE-Anwendergruppe e.V. eine kurze Online-Umfrage: In ihr will sie in Erfahrung bringen, wie sich die Lizenzpolitik von Oracle auf die Virtualisierungsstrategie der Anwender auswirkt. Mit den Umfrageergebnissen will die DOAG ihre Argumentation für eine Abkehr von Oracles bisheriger Lizenzstrategie untermauern. Diese sorgt bereits seit geraumer Zeit für Unruhe, da Oracle sämtliche Virtualisierer, die nicht aus dem eigenen Hause stammen, als Soft-Partitionierung einstuft und damit die Kosten künstlich in die Höhe schraubt.
Denn aus Sicht von Oracle müssen Anwender die Produkte pro verfügbarer CPU lizensieren, die die Software zur Laufzeit theoretisch nutzen könnte. Bei einem physischen Server wäre dann eine Lizenz pro CPU-Kern fällig. Läuft die Software in einer virtuellen Maschine (VM) auf einem Server-Cluster, könnte sie theoretisch jeden der CPU-Kerne im Cluster nutzen und benötigt eine entsprechende Lizenz. Seit Sommer 2014 sieht Oracle dieses Modell in VMware-Umgebungen bis zur vSphere-Version 5.0 gegeben.
(Bild:Â House of Bricks Technologies)
Mit den vSphere-Versionen 5.1 und 5.5 erlaubt vMotion, die VMs zur Laufzeit über Clustergrenzen hinweg innerhalb eines vCenters zu verschieben. Damit ließen sich theoretisch sämtliche CPUs aller Cluster nutzen, die ein vCenter verwaltet. Deswegen verlangt Oracle, dass die Software für alle CPU-Kerne aller in einem vCenter der Versionen 5.1 und 5.5 zusammengefassten Cluster lizenziert werden müsse.
Darüber hinaus befürchtet die DOAG, dass sich die Lage mit der am 12. März 2015 veröffentlichten vSphere-Version 6.0 noch weiter verschärft, da diese eine Verschiebung laufender VMs über vCenter-Grenzen hinweg ermöglicht. Im Klartext: Mit der Version 6 führt VMware das Long Distance vMotion genannte Verfahren ein, das beim Verschieben von VMs eine Latenz von 100 ms zulässt und dadurch das Wandern von VMs über Rechenzentrums- und Kontinentgrenzen hinweg ermöglicht. Bliebe Oracle bei der bisher praktizierten Logik, so die DOAG, wären ab Version 6.0 alle vCenter zu lizenzieren, in die Oracle-Software zur Laufzeit verschoben werden kann – im schlimmsten Fall alle vCenter-Installationen weltweit, zu denen eine Route besteht.
Bis zur vSphere-Version 5.5 hatte die DOAG als Workaround, ein vCenter für Oracle-Produkte vorsehen und 1-n vCenter für weitere Produkte nutzen. Dann müssen allerdings auch die Speichersysteme, die die jeweiligen vCenter nutzen, voneinander getrennt sein. Mit vSphere 6 ist dieser Workaround allerdings hinfällig.Nun bleibt nur noch die Option, Oracle-Software auf einem (physischen) Stand-alone-Server zu installieren, auf einem anderen Virtualisierer, der keine Cluster-übergreifenden Fähigkeiten zum Verschieben von VMs besitzt oder die Oracle-Software durch Alternativen abzulösen.
Im März hatte die DOAG Gespräche mit dem Oracle-Mangement zu dem Thema aufgenommen. Dort betone Oracle, dass nicht sie die Lizenzbedingungen geändert hätten, sondern VMware seinen Funktionsumfang. Nach der Auswertung der Umfrage will die DOAG die Gespräche fortsetzen. Parallel führt die DOAG Gespräche mit den internationalen Oracle-Anwendergruppen. (sun)