Tesla-Besitzer hacken ihr Auto

Das Model S des Elektroautokonzerns kommt standardmäßig mit einer Internet-Anbindung. Das ist für Bastler mittlerweile verlockend.

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Von
  • Will Knight

Das Model S des Elektroautokonzerns kommt standardmäßig mit einer Internet-Anbindung. Das ist für Bastler mittlerweile verlockend.

Das Luxus-E-Mobil Tesla Model S ist nicht nur ein wichtiges Symbol für den neuen Spaß am elektrischen Fahren, sondern zeigt auch, wie anpassbar moderne Fahrzeugtechnik heute sein kann. Mit Internet-Anbindung, regelmäßigen Software-Updates und einem 17-Zoll-Touchscreen-Bildschirm, der das reguläre Armaturenbrett ablöst und sogar einen Web-Browser mitbringt, zeigt das Auto, was digital alles geht.

Noch hat Tesla sein Fahrzeug nicht offiziell für externe Programmierer geöffnet, doch erste Enthusiasten entwickeln schon Code, der Daten vom Auto sammeln und ihm neue Funktionen verpassen kann.

Joe Pasqua, der im Hauptberuf für eine Datenbankfirma im kalifornischen San Carlos tätig ist, hat dabei geholfen, das Protokoll zu entschlüsseln, das zum Versenden von Nachrichten zwischen der offiziellen Tesla-iPhone-App und den Servern des Herstellers genutzt wird. Mit der Smartphone-Anwendung können Model-S-Besitzer nach dem Einloggen mit Nutzernamen und Passwort verschiedene Daten wie den Ladezustand ihres Wagens abfragen und diverse Fahrzeugsysteme konfigurieren.

Pasqua hat ein kostenloses Programm namens Visible Tesla entwickelt, das noch mehr kann. Es verwendet das Protokoll der offiziellen App, um den Status der Systeme im Model S über einen längeren Zeitraum zu überwachen und kann zudem zeitgesteuert Kommandos absetzen. "Man darf alle grundlegenden Steuerfunktionen nutzen", erklärt der Entwickler, "die Türen öffnen, die Heizung oder die Klimaanlage aktivieren, die Temperatur verändern oder das Sonnendach öffnen – solche Sachen. Man kann auch sehen, wo das Auto steht und die Ladefunktionen steuern."

Visible Tesla ist eine PC-Anwendung, läuft aber auf Wunsch auch im Browser, wie Pasqua anhand seines eigenen Model S zeigte. Zahlreiche Visible-Tesla-Nutzer tauschen zudem untereinander Informationen aus, um zu sehen, wie sich der Akku im Fahrzeug verhält – neulich beispielsweise, als es im Silicon Valley eine Hitzephase gab und die Reichweite teilweise zurückging. Die App kann zudem Kommandos anhand verschiedener Faktoren auslösen, beispielsweise der Uhrzeit oder des aktuellen Orts. Einige Nutzer haben die App so konfiguriert, dass ihr Fahrzeug immer zu einer bestimmten Zeit die Heizung aktiviert, damit es bei Abfahrt schön warm ist.

Pasqua bekämpft mit Visible Tesla wiederum seine eigene Vergesslichkeit. "Unser Supermarkt gibt keine Plastiktüten mehr aus. Mit Visible Tesla kann ich Google Maps aufrufen, einen Kreis um eine bestimmte Region malen und dann eine Nachricht bekommen, die einen bestimmten Text hat, wenn ich dort bin." Im Falle des Supermarkts wird er nun immer beim Einparken daran erinnert, dass er doch die mitgebrachten Tüten aus dem Wagen nehmen sollte.

Tesla scheint das Do-it-yourself-Programmieren nicht zu stören. Als Pasqua aufgrund eines Fehlers den Server der Firma einmal mit zu vielen Daten bombardierte, bekam er keine böse Nachricht. Stattdessen gab es eine freundliche E-Mail, in der es hieß, man wisse nicht, was los sei, habe den Dienst aber kurzerhand abstellen müssen, weil Pasqua mehrere Tausend Anfragen pro Sekunde geschickt habe. Daraufhin entschuldigte er sich vielmals. "Die waren total cool. Die hätten mein Programm komplett abwürgen können, haben das aber nicht getan."

Und auch ohne die von Pasqua entwickelte Bibliothek haben Nutzer eine Möglichkeit gefunden, per Internet auf ein Model S zuzugreifen. Edward Arthur, ein Chipdesigner aus dem Süden von Massachusetts, hat so beispielsweise ein einfaches Script geschrieben, das jeden Abend um 21.30 Uhr prüft, ob der Akku lädt. Falls nicht, wird er automatisch daran erinnert, das Kabel einzustecken.

Tesla hat bislang nicht ausgeschlossen, ein Entwicklerkit für das Model S oder spätere Autos auf den Markt zu bringen – doch wann es so weit ist und welche Funktionen es haben wird, wurde noch nicht verraten. "Unser Fokus liegt darauf, unser eigenes Entwicklerteam herauszufordern, dass sowohl das Produkt als auch sein Potenzial kennt. Die sollen eine tolle User Experience liefern", heißt es von Khobi Brooklyn von Teslas Presseabteilung.

Obwohl das Tesla Model S aufgrund seiner Internet-Anbindung vermutlich das für solche Programmierversuche zugänglichste Fahrzeug auf dem Markt ist, heißt das nicht, dass so etwas nicht auch bei anderen modernen Autos ginge. Viele Fahrzeuge insbesondere der Oberklasse werden mittlerweile mit passenden Smartphone-Apps geliefert. Hinzu kommen immer neue Sensoren und Systeme zum autonomen Fahren, die alle auf Software basieren.

Manche Technikfans versuchen, ihr komplettes Auto umzuprogrammieren. So versammelt die Website OpenGarages.org Menschen, die sich dafür interessieren, elektronische Kontrollsysteme zu modifizieren – beispielsweise zur Leistungssteigerung des Motors.

Teslas lockerer Umgang mit den Bastlern ist für die Branche eher unnormal. Viele Hersteller versuchen, externe Entwickler in ihrem Tun zu beschränken. So hat Ford etwa versucht, Werkzeuge, die ein "Hacken" seiner Fahrzeuge erlauben, juristisch zu verbieten. Dabei wurde der umstrittene Digital Millennium Copyright Act (DMCA) genutzt, der unter Strafe stellt, urheberrechtlich geschützte Systeme zu manipulieren – in diesem Fall die Software im Auto.

Ein anderes Problem ist das Thema Sicherheit: Böswillige Angreifer könnten Fahrzeuge manipulieren und sogar von außen Unfälle provozieren, haben IT-Security-Experten bereits mehrfach gezeigt. In einem offenen Brief bat eine Gruppe von ihnen die Industrie erst kürzlich darum, transparenter mit dem Thema umzugehen.

Pasqua, der selbst aus dem Bereich der Computersicherheit kommt, hat zumindest für Tesla ein Lob übrig: Die verwendeten Protokolle seien mindestens "relativ" sicher. "Ich würde mir wünschen, wenn sie alle ihre Daten bereitstellen würden." (bsc)