Ein Webgrrl aus Deutschland will ICANN-Direktorin werden

Angesichts all der männlichen Kandidaten für den ICANN-Verwaltungsrat will Sabine Reul aus Dresden nun einen Farbtupfer setzen und die weibliche Netzgemeinde vertreten.

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Angesichts all der männlichen Kandidaten für den ICANN-Verwaltungsrat will Sabine Reul aus Dresden nun einen Farbtupfer setzen und die weibliche Netzgemeinde vertreten. Offiziell nominiert hat sich außerdem beispielsweise Andy Müller-Maguhn vom CCC.

Die Frauen erobern das Netz: In den USA sind bereits knapp über die Hälfte der Surfer weiblich, in Europa immerhin schon 31,7 Prozent. Kein Wunder, dass angesichts dieser Zahlen nun mit Sabine Reul, Dozentin am Bildungszentrum für informationsverarbeitende Berufe in Dresden und ab September an der Fachhochschule Leipzig, die erste Kandidatin aus Deutschland für Europa in den ICANN-Verwaltungsrat einziehen will.

Frau Reul ist ein echtes Geek-Girl: Die Expertin für UNIX, Netzwerke und Software Engineering hat sich ihren Doktortitel mit einer Arbeit über ein "Konzept für ein regelbasiertes Performancemanagement in lokalen Rechnernetzen" verdient. Sie ist bei mehreren gemeinnützigen Organisationen engagiert, zum Beispiel bei den webgrrls oder der Gesellschaft für Informatik, die Reul auch bei ihrem Wahlkampf unterstützen will. Vorgenommen hat sich die Programmiererin, im Gegensatz zu "den vorgeschlagenen Professoren wirklich Nutzer zu vertreten, worum es ja bei der Wahl der Internet-Regierung geht".

Als Lobbyistin der Netzgemeinde wird sie direkt konkurrieren müssen mit Andy Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club, der heute offiziell seine Nominierungsdaten bei ICANN eingereicht hat. Der 28-Jährige schreibt in seiner E-Mail an das Komitee, dass er sich seit längerem während seiner Arbeit für den Hackerverein "für ein Höchstmaß an Freiheit in der Netzkultur" einsetzt. Seiner Meinung nach sind ICANN und die Architektur des Internet "eine öffentliche Angelegenheit", die einen wachsenden Einfluss darauf haben, wie die Gesellschaft ihr Wissen teilt. Müller-Maguhns Schlussfolgerung: "Es muss darum gehen, die Abläufe bei ICANN transparent zu machen."

Wie das Leben so spielt, studiert der Sprecher des Clubs nebenbei eigentlich just noch bei Axel Zerdick, Professor für Publizistik- und Kommunikationswissenschaften an der Freien Universität Berlin, der selbst seine Kandidatur für den ICANN-Verwaltungsposten angekündigt hat. In seiner Nominierungsmail gesteht Müller-Maguhn aber, dass er "es einfach nicht schafft", regelmäßig an der Uni aufzukreuzen. Seinen Professor treffe er aber ab und zu auf Konferenzen, wo der "Datenreisende" Unternehmer über den freien Informationsfluss im Netz aufklärt.

Für die zwei noch zu füllenden Plätze für europäische ICANN-Kandidaten haben sich außerdem aus Deutschland bereits unter anderem Lutz Donnerhacke von FITUG, oder Andreas Fügner, der sich vor allem für einen erschwinglicheren Internetzugang bei ICANN stark machen will, sowie Reinhard Hund vom Zentralverband für Elekrotechnik- und Elektroindustrie in Frankfurt am Main, offiziell beworben. Auf den ICANN-Seiten von heise online stellt die Redaktion in Zusammenarbeit mit dem französischen Network Information Center die Kandidaten vor, die unseren Fragebogen zur ICANN-Wahl ausgefüllt haben. (Stefan Krempl). (jk)