Starker Stoff
Die Kollegin Szentpétery berichtete in der aktuellen Ausgabe von Teststäbchen des US-Unternehmens Silver Lake Research, die auf den Koffeingehalt von Kaffee reagieren. Eigentlich eine tolle Idee. Eigentlich.
Das Leben ist eine Ansammlung verpasster Chancen. Zum Glück ist diese Ansammlung halbwegs gleichmäßig verteilt: Die Kollegin Szentpétery berichtete in der aktuellen Ausgabe der TR von Teststäbchen des US-Unternehmens Silver Lake Research, die auf den Koffeingehalt von Kaffee reagieren. Allerdings hatte Silver Lake Reserch bei der Produktentwicklung offenbar nur eine eingeschränkte Zielgruppe im Sinn: Nämlich Menschen, die zu viel Koffein nicht vertragen und die deshalb ganz sicher gehen wollen. Denn die mit Antikörpern gegen Koffein beschichteten Streifen signalisieren lediglich, ob das Käffchen mehr als 20 Milligramm Koffein enthält [-–] und sich das Getränk mithin noch als entkoffeiniert deklarieren lässt. Der Trend geht, wie man im Netz so lesen kann, im Kaffee-Business ja eh hin zur Plörre: Wenig Koffein mit Halbfett- oder Sojamilch.
Schade schade. Offenbar haben die Silverlake-Produktentwickler noch nichts davon gehört, dass es auch Menschen am anderen Ende des Spektrums gibt. Journalisten zum Beispiel, oder Programmierer. Menschen eben, die den Koffeingehalt verschiedenster Wachmacher gezielt vergleichen, um sich den konzentriertesten Wachmacher herauszupicken. Ich bin sicher, mit dieser Zielgruppe ließe sich ein gutes Geschäft machen.
Oder nehmen wir Japan: Ich meine, ein Land, in dem an jeder Ecke Getränkeautomaten stehen, in denen es gar nicht mal so schlechten Espresso aus der Dose gibt, der beispielsweise unter dem Label "Morning Shot" verkauft wird, ist eigentlich prädestiniert für ein solches Produkt (und dabei trinken die da noch ganz andere Sachen). Natürlich kann man den Koffeingehalt seines Espresso auch selbst bestimmen –wenn man grade zufällig ein UV-Spektrometer und ein paar geeichte Lösungen zur Hand hat, vergleicht man einfach die Absorptionsspektren. Aber wann hat man schon mal sein Spektrometer dabei. Besonders wenn man eigentlich grade todmüde ist. So ein Stäbchen wäre da schon praktischer.
Aber die haben bestimmt ihre Rechtsabteilung gefragt. Und die hat "Njet" gesagt, schließlich kann man ja das Risiko nicht eingehen, dass einer der Kunden an Herzklabaster eingeht, weil er meint, ein zehntes Tässchen müsse ja wohl noch drin sein. Und dann weiß man ja sowieso nicht genau – haben nicht britische Forscher kürzlich berichtet, viel Koffein mache für Halluzinationen anfällig? Das klingt doch schon fast nach Droge. Und das geht in den USA ja gar nicht. Aber vielleicht greift ja irgendjemand anders die Idee auf. Hier hat nicht jemand zufällig Kontakt zur Chemie-Industrie? (wst)