Abwrack-Alternativen

"Staatliche Umweltprämie" nennt sich bekanntlich die seit Monaten die Schlagzeilen beherrschende Subvention auf neue Automobile. Warum setzt man die eigentlich nicht für ein wirkliches Ökoprogramm ein?

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Die halbe Automobilwelt scheint derzeit an verbesserten Batterien, Hybridantrieben, Elektroradnabenmotoren und was es sonst noch alles so gibt zu basteln. Bei diesem potenziell klimarettenden Aktionismus, der ja am Ende noch lange keine herausragenden Produkte bedeuten muss, wird meiner bescheidenen Meinung nach eine Sache völlig vergessen: Die Reduktion der Notwendigkeit des Individualverkehrs an sich. Na klar, dank der Krise (und vorher aufgrund der Benzinpreise) steigen immer mehr Menschen auf ÖPNV-Angebote und auf der Langstrecke auf grundsätzlich umweltfreundlichere Massentransportmittel statt auf den persönlichen fahrbaren Untersatz um. Erleichtert wird ihnen das allerdings nicht – im Gegenteil.

Ich selbst gehöre zu jenen Menschen, die das Glück haben, im Zentrum einer Großstadt zu leben, ohne dass die Wohnlage besonders ungrün oder zu dicht besiedelt wäre. (Ja, in Berlin gibt es das noch.) Nahezu alle Einkaufsmöglichkeiten in ausreichend großer Angebotsbreite sind fußläufig erreichbar, ebenso das Jobumfeld. Für den Ausflug mit dem Hund gibt es in der Nähe Parks und sollte ich einmal wirklich weiter fahren müssen, nehme ich U- oder S-Bahn oder ein Taxi. Ein Auto wäre bei uns reinster Luxus – nicht notwendig, sondern "nice to have". (Und, wenn ich neben den Anschaffungskosten an die monatlichen Gebühren für unsere Tiefgarage denke, auch reichlich teuer.) Da wir außerdem darauf achten, nicht zu viel Strom zu verbrauchen, dürfen wir zur Kategorie der Klimaengel gehören.

Aber werden wir dafür belohnt? Keineswegs. Die (natürlich auch als Wirtschaftsstimulation gedachte) Abwrackprämie bekommen nur diejenigen, die bereits ein altes Auto hatten und nun mit einem neuen das Klima weiter (wenn auch womöglich etwas weniger) versauen. Das (z.B. in Berlin bislang vergleichsweise hervorragende) ÖPNV-Angebot wird in vielen Städten dank des Geldmangels und des zunehmenden Privatisierungsdrucks eher reduziert als ausgeweitet. Elektromietwagen für Menschen wie mich, die ab und an doch mal ins Umland fahren müssen, gibt es nicht oder nur gegen teure Leasingraten. Auf die Idee, dass man Menschen, die freiwillig auf das Auto verzichten, fördern könnte, kam unterdessen noch niemand – im Gegenteil, die Preise für Bus und Bahn steigen ständig.

Wie jeder Wirtschaftswissenschaftler bestätigen kann, ist es zumeist wesentlich kostengünstiger, bestehende Systeme effizienter zu machen, als sie gänzlich neu zu erfinden. In diesem Fall hieße das: Statt von Elektroautos zu träumen, die dann doch nur von schmutzigen Kohlekraftwerken befeuert werden, sollten wir solche Menschen fördern, die jetzt schon wenig Energie verbrauchen bzw. weitere Bürgerinnen und Bürger dazu bewegen, sich dieser Gruppe anzuschließen. Besonders teuer wäre das nicht. Vom Geld einer einzigen Abwrackprämie ließe sich z.B. problemlos fünf Jahre lang eine Umweltkarte für den ÖPNV finanzieren, plus Gutschein für fünf gasbetriebene Großraum-Taxi-Fahrten, sollte man einmal Möbel transportieren wollen. Ich wette, da würden erstaunlich viele entnervte Autofahrer in Großstädten mitmachen. Und vermutlich nicht nur dort. (wst)