enterJS: Besuch der JavaScript-Konferenz aus Sicht eines Java-Entwicklers

An der Lingua franca des Web kommen Java-Entwickler nicht mehr vorbei: Die JavaScript-Konferenz enterJS bot im Juni Abwechslung vom täglichen Projektgeschäft.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Falk Sippach
Inhaltsverzeichnis

Im futuristisch anmutenden Darmstadtium fanden sich rund 400 Teilnehmer ein

Dass Java-Entwickler wie der Autor eine reine JavaScript-Konferenz besuchen, mag zunächst abwegig erscheinen. Aber an der Lingua franca des Web kommen sie nicht mehr vorbei, insbesondere da sie heutzutage im Enterprise-Umfeld verstärkt Webanwendungen bauen müssen. Darum war die Mitte Juni stattfindende enterJS eine willkommene Abwechslung vom täglichen Projektgeschäft.

Die enterJS unterteilte sich in zwei Hauptkonferenztage mit rund vierzig Vorträgen und einem Workshop-Tag vorab, bei dem man sich gezielt zu Themen wie AngularJS, Node.js, Event-getriebene Entwicklung und Docker weiterbilden konnte. Einige der Sprecher waren von großen Java-Konferenzen her bekannt. Aber gerade die dem Autor unbekannten Referenten haben überrascht und teilweise mit viel Humor und guten Präsentationsfolien kurzweilig vorgetragen.

Als ob es abgesprochen gewesen wäre, wurde kurz vor der enterJS die finale Version von ECMAScript 2015 veröffentlicht. So gingen einige Vorträge auf die Neuerungen ein, und es ist spannend zu sehen, dass nun im JavaScript-Standard viele Syntaxelemente und Sprachfeatures Einzug halten, die man aus anderen modernen Sprachen wie Haskell und Groovy kennt und schätzen gelernt hat. Die Liste ist lang und kann in diversen Quellen nachgelesen werden. Dem Autor sind insbesondere die anonymen Arrow Functions, mehrzeilige Strings (auch mit Platzhaltern für beliebige JavaScript-Anweisungen für Templates), Iteratoren und Generatoren, Funktionsparameter mit Default-Werten beziehungsweise variabler Anzahl und das neue Modulsystem im Gedächtnis geblieben. Alles Hilfsmittel, die JavaScript zukunftsfähig halten und die Entwicklung gerade großer Unternehmensanwendungen vereinfachen. Die Größe des Versionssprungs (vergleichbar mit Java 5 und Java 8) lässt sich auch an der nahezu verdoppelten Seitenanzahl der ECMAScript-Spezifikation ablesen.

Neben den rein technischen gab es erfrischende Vorträge zu nichttechnischen Themen. So wurden die Teilnehmer unter anderem mit der Frage konfrontiert, ob man nicht gänzlich ohne klassische Kennwörter auskommen könnte. Untermauert wurde diese These mit erschreckenden Zahlen, dass zum Beispiel 91 Prozent aller verwendeten Passwörter unter den Top 1000 der gestohlenen Kennwörter seien. Knapp 5 Prozent verwenden gar "password" als Passwort. Als mögliche Auswege aus dem Dilemma wurden biometrische Verfahren (Fingerabdruck, Herzschlag ...) und die n-Faktor-Authentifizierung diskutiert. Authentifizierungsverfahren sollten intelligenter werden und zusätzliche Faktoren anfordern, wenn man sich zum Beispiel eben aus London und kurze Zeit später aus Peking autorisieren möchte.

Einen politisch angehauchten, teilweise schon sehr provokativen Beitrag gab es zum Stand der IoT-/Smarthome-Techniken. Einerseits habe der Hype in den letzten Jahren zu einem regelrechten Wildwuchs untereinander nicht kompatibler Protokolle geführt. Zugleich war von der App-Mania die Rede, also einer unzähligen Menge proprietärer, von Produktherstellern herausgebrachter Smartphone-Apps. Einheitliche und auf Webstandards basierende Entwicklungen findet man hingegen kaum.

Sebastian Golaschs Vortrag zum Internet der Dinge stieß auf viel Interesse.

Außerdem nimmt man durch den Komfort eines vernetzten und intelligenten Heims das Sammeln von Daten durch die Smarthome-Hersteller in Kauf. Und im Gegensatz zu Google, Facebook und Co. werden diese Firmen sogar noch für das Sammeln der Daten bezahlt. Die Glühbirne, die angeht, wenn man nach Hause kommt, erleuchtet also nicht nur, sie durchleuchtet auch.

Ein weiteres Problem ist die aus Energiespargründen fehlende Verschlüsselung vieler Protokolle. "Zu unserem Glück" wird der gemeine Einbrecher aber weiterhin eher einen Stein nehmen und die Scheibe einwerfen, statt sich mit seinem Laptop zunächst in das Heimnetzwerk zu hacken, um anschließend die Tür zu öffnen.

Zum Ende des Vortrags wurde noch etwas JavaScript-Code in einer Demo gezeigt und die Sprachsteuerung eines Telefons mit einer Lampe über eine Protokoll-Brücke der proprietären Lösungen verbunden. Sicherlich kein praxistauglicher, aber doch ein schöner Showcase, der sogar spontanen Applaus bei den zahlreichen
Zuhörern auslöste.

Mitchell Hashimoto hielt eine Keynote zum Trendthema DevOps.

Für die Keynotes konnten mit Mitchell Hashimoto (Vertreter der DevOps-Bewegung und Gründer von Vagrant) und dem OO-Urgestein und Gang-of-Four-Mitglied Erich Gamma zwei namhafte Persönlichkeiten gewonnen werden. Letzerer berichtete von seinem hastigen Abschied bei IBM und dem Neubeginn bei Microsoft. Technologisch wechselte er aus der behüteten Java-Welt zu dem flexibleren und freizügigen JavaScript, mit dem er sich nun seit vier Jahren intensiv auseinandergesetzt hat. Derzeit liegt sein Fokus auf einem leichtgewichtigen, plattformunabhängigen und vor allem intelligenten Code-Editor (Visual Studio Code), der aber auch einige für Entwickler notwendige Funktionen ausgewachsener IDEs mitbringt.

Erich Gamma berichtete von seinen bei Microsoft gemachten Erfahrungen mit JavaScript und TypeScript.

Hintergrund ist, dass die klassischen IDEs (Gamma hat viele Jahre die Entwicklung von Eclipse geleitet) zwar grundsätzlich toll, aber mit der Zeit langsamer und schwerfälliger geworden und die Anwender damit nicht mehr glücklich sind. Die derzeitigen Diskussionen im Java-Umfeld um das immer noch verbreitete Eclipse bestätigen diese These. Hinzu kommen neue Herausforderungen (Cloud, verteilte Teams ...), die nach besseren Lösungen verlangen, die idealerweise auf Webtechniken aufbauen. Gamma berichtete aus den Erfahrungen des initial in JavaScript begonnenen Projekts, den Problemen (Refactoring und Verrotten des Codes), die sich mit der wachsenden Codebasis ergeben haben, bis hin zu konkreten Maßnahmen.

Weitere Themen der Vorträge umfassten die Laufzeitumgebung Node.js, JavaScript-Compiler wie TypeScript, Frameworks wie AngularJS und React, Modularisierung mit Web Components, Architekturfragestellungen beziehungsweise der Einsatz von JavaScript in Unternehmen, DevOps, Security und vieles andere mehr, sodass für alle Geschmäcker etwas dabei war.

Falk Sippach
hat über 15 Jahre Erfahrung mit Java und ist bei der Mannheimer Firma OIO Orientation in Objects GmbH als Trainer, Softwareentwickler und Projektleiter tätig. Er publiziert regelmäßig in Blogs, Fachartikeln und auf Konferenzen. In seiner Wahlheimat Darmstadt organisiert er mit anderen die örtliche Java User Group.

(Ausrichter der enterJS 2015 sind unter anderem iX, heise Developer und der dpunkt.verlag. Diese gehören zur Heise Medien Gruppe, die auch der Betreiber von heise Developer ist.) ()