EuGH-Generalanwalt: Online-Videoseite nicht per se anzeigepflichtig

Wer im Web Videos anbietet, betreibt damit nicht automatisch einen bei Rundfunkbehörden zu meldenden audiovisuellen Mediendienst. Davon geht zumindest Maciej Szpunar aus, Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof.

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Website Tiroler Tageszeitung

Stein des Anstoßes: Videos auf der Website der Tiroler Tageszeitung.

(Bild: Screenshot)

Lesezeit: 3 Min.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) könnte bald klarere Anhaltspunkte liefern, welche Online-Angebote unter die EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste fallen und damit wie Rundfunkprogramme vergleichsweise strengen Regeln unterliegen. Der EuGH-Generalanwalt Maciej Szpunar plädiert in seinen am Mittwoch veröffentlichten Schlussanträgen in einem Streit zwischen einem österreichischen Medienbetreiber und der Kommunikationsbehörde Austria dafür (AZ.: C-347/14), dass nicht jeder Anbieter von Videos im Web gleich einen AV-Dienst im Sinne der Richtlinie betreibt.

Die österreichische Regulierungsbehörde hatte 2012 moniert, dass die Firma New Media Online, die hinter der Internet-Ausgabe der Tiroler Tageszeitung steht, die Webseite nicht bei ihr angezeigt hatte. Stein des Anstoßes waren damals die rund 300 Filmbeiträge, die über einen "Video"-Link zu finden waren. Die dort gezeigten Bewegtbilder waren maximal ein paar Minuten lang und stammten aus verschiedenen Quellen wie Eigenmaterial, Sendungen des Lokalfernsehens oder von Nutzern bereitgestellten Inhalten.

Für die Kommunikationsbehörde stand außer Zweifel, dass es sich bei dem Angebot um einen audiovisuellen Mediendienst handelt. Szpunar weist diese Ansicht zurück. Er unterstreicht, dass es Hauptzweck eines solchen Services sei, Sendungen in Form eines traditionellen Fernsehprogramms bereitzustellen, was gegebenenfalls auch auf Abruf erfolgen könne. Zudem habe der Gesetzgeber in der Begründung der Richtlinie deutlich gemacht, dass Informationsportale im Netz nicht den Vorgaben unterworfen werden sollten.

Ein Internetportal wie der Webauftritt der Tiroler Tageszeitung erfüllt so Szpunar aber nicht die Kriterien für einen audiovisuellen Mediendienst im Sinne des EU-Rechts. Multimediale Online-Angebote seien eine ganz neue Erscheinung, die sich nicht aus dem Fernsehen speisten, sondern eine Folge höherer Bandbreiten in Telekommunikationsnetzen darstellten. Ferner könnten die darüber bereitgestellten Videoinhalte nur zusammen mit den restlichen Text- und Bildelementen geprüft werden. Die Homepage entspreche insgesamt noch dem, was der Gesetzgeber als "elektronische Ausgabe von Zeitungen und Zeitschriften" vom Geltungsbereich der Richtlinie habe ausnehmen wollen.

Dass diese Interpretation den nationalen Aufsichtsbehörden ihre Aufgabe erschweren könnte, den Charakter der auf dem Markt vorhandenen Dienste zu prüfen, räumt der Generalanwalt ein. Dies rechtfertige es aber nicht, praktisch alle audiovisuellen Inhalte im Internet der Richtlinie unterzuordnen. Der größte Teil der Dienste beruhe zudem auf Seiten mit Langspielfilmen, Fernsehserien oder Sportübertragungen, die vergleichsweise einfach als "typische Fernsehsendungen" einzustufen seien. Selbst bei Zweifeln müssten multimediale Angebote außen vor gehalten werden.

Szpunar ergänzt, dass sich damit kein rechtsfreier Raum auftue. Auch für Webauftritte, die sich jenseits der Richtlinie bewegten, gälten allgemeine Vorschriften etwa zum Schutz von Jugendlichen oder der öffentlichen Ordnung. Diese müssten aber noch besser ans Internet angepasst werden. Das Plädoyer ist für die Luxemburger Richter nicht bindend, häufig folgen sie in ihren Urteilen aber den Anträgen der Generalanwälte. (anw)