Steigt PC-Ware nach Löschkes Abgang aus dem IT-Handel aus?
Ein gutes halbes Jahr nach dem Einstieg beim groĂźen deutschen Systemhaus PC-Ware macht die Raiffeisen Informatik aus Ă–sterreich Ernst: Sie tauscht bei der deutschen Tochter den kompletten Vorstand aus und fordert eine neue strategische Ausrichtung.
PC-Ware-Gründer Dr. Knut Löschke
(Bild:Â PC-Ware)
Lieber PC-Ware-Gründer Dr. Knut Löschke,
dass Sie nach der Übernahme durch die Raiffeisen Informatik über kurz oder lang das Unternehmen verlassen werden, war anzunehmen. Insofern ist ihre Demission nicht wirklich überraschend, allenfalls der Zeitpunkt. Noch am vergangenen Samstag (20. Juni, S. 25; Artikel steht bis heute noch nicht online) brachte die Süddeutsche Zeitung einen großen Artikel über PC-Ware, in dem Sie ausführlich zu Wort kommen, der aber auch nicht den kleinsten Hinweis auf Ihre Abdankung enthält. Eher im Gegenteil. Dass gleichzeitig mit Ihnen auch Finanzvorstand Dr. Tilman Blaschke seinen Koffer packt, war dagegen nicht zu erwarten. Offenbar gab es dann doch erhebliche Differenzen zwischen Ihnen und den neuen Mehrheitsgesellschaftern aus Österreich. In einer E-Mail an die PC-Ware-Angestellten schrieben Sie laut dem Schweizer Informationsdienst IT-Reseller: "Der neue Hauptgesellschafter wünscht eine höhere Performance, andere Fokusthemen, einen anderen Führungsstil und eine andere Unternehmenskultur." Mit anderen Worten: eine andere Firma.
Es ist zu vermuten, dass die Raiffeisen Informatik den Wechsel an der Führungsspitze von PC-Ware vorbereitet und geplant hatte. Denn bereits am Tage Ihrer Amtsniederlegung hat der PC-Ware-Aufsichtsrat mit Dr. Klaus Elsbacher (CEO), Hans-Jörg Egger (COO) und Dr. Thomas Reich (CFO) einen komplett neuen Vorstand installiert (allesamt mit österreichischem Hintergrund!).
Interessant ist neben dem personellen Wechsel (den das Unternehmen beschönigend als "Generationswechsel" verkaufen will) ein beim flüchtigen Lesen recht harmlos erscheinender Satz in der Pressemitteilung. Dort heißt es wörtlich, dass der neue Vorstand "das Unternehmen strategisch neu ausrichten" werde. Mit anderen Worten: Die bisherige Strategie war den Österreichern nicht mehr gut genug und muss daher geändert werden. Möglicherweise ist ihnen trotz der guten Umsatzentwicklung die Umsatzrendite von einem Prozent zu mickrig. Jetzt gehe es darum, heißt es in der Presseinfo, das Unternehmen PC-Ware "weiterzuentwickeln". In welche Richtung diese Entwicklung gehen soll, kann man sich anhand der später auftauchenden Wörter und Geschäftsfelder wie "IT Operations", "Outsourcing", "Client Management" denken. Ein Wort taucht indes an keiner Stelle auf: Handel! Handel, Beschaffung und Installation scheint in dem Zukunftsszenario, welches sich die Österreicher für PC-Ware ausgemalt haben, keine Rolle zu spielen. Zumindest nicht als ein strategisches Geschäftsfeld.
Natürlich – um PC-Ware-Kunden und -Mitarbeiter nicht zu verschrecken – äußern sich die Männer aus der Alpenrepublik nur verklausuliert und murmeln etwas von einer "deutlicheren Segmentierung der Geschäftsfelder Value- und Volume-Business" (also genau das Gegenteil dessen, was PC-Ware in den letzten beiden Jahren betrieben hat). Gleichfalls fordern sie von der deutschen Systemhaustochter öffentlich "eine verstärkte Konzentration auf den Vertrieb im Geschäftsfeld IT Operations", also Rechenzentrumsbetrieb. Man gewinnt den Eindruck, dass das Geschäftsmodell von PC-Ware sehr stark dem von Raiffeisen Informatik angeglichen werden soll. Und hier spielt das Volume-Business – also der Handel von IT-Hard- und Software – wirklich keine Rolle.
Eine Separierung des Handelsgeschäfts bei PC-Ware mit dem Ziel des späteren Verkaufs an wen auch immer scheint daher nicht ausgeschlossen. Was ich allerdings für sehr problematisch halten würde und was bei anderen Systemhäusern in der Vergangenheit auch schon gerne mal in die Hose gegangen ist. Sicher erinnern Sie sich noch an die Firma Hancke & Peter, in den 90er-Jahren eines der führenden Systemhäuser in Deutschland. Eines Tages – inzwischen hieß man Arxes und war an der Börse – hatten die Firmenchefs die glorreiche Idee, sich aus dem Handel mit Produkten zu verabschieden und sich nur noch auf Dienstleistungen zu fokussieren, wegen der höheren Margen und so. Mit dieser Entscheidung hatte der Arxes-Vorstand damals den Anfang vom Abstieg eingeläutet. Heute fristet Arxes unter dem Dach der TDMi-Gruppe sein Dasein. Hoffen wir, dass dieses Schicksal PC-Ware erspart bleibt. Dass bei dieser von Raiffeisen Informatik offenbar beabsichtigten Entwicklung das Wort "Ware" (deutsch ausgesprochen) in der Firmierung "PC-Ware" seine Berechtigung verlieren würde, wäre noch das kleinste Problem.
Wie auch immer: Wir sind gespannt, was passieren wird. Was auch geschehen wird, man sollte nicht vergessen, dass es für irgendwen immer auch gut ist – und sei es für die PC-Ware-Konkurrenz. Ihnen, lieber Herr Dr. Löschke, jedenfalls alles Gute!
Beste GrĂĽĂźe
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