TTIP-Kampfabstimmung im EU-Parlament: Am Investorenschutz scheiden sich die Geister

Vor der Abstimmung seiner Eckpunkte für das geplante Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA leistet sich das Europäische Parlament eine mehrstündige Mammutdebatte. In der Frage des Investorenschutzes geht der Riss quer durch die Fraktionen.

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TTIP, TISA, Freihandelsabkommen, Europa, USA
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Von
  • Monika Ermert

In der letzten Plenarwoche vor der Sommerpause hat das Europäische Parlament am Dienstag in Straßburg über seine Forderungen zur Gestaltung des Freihandelsabkommens TTIP debattiert. Im Juni wurde, wegen des Streits um Schiedsverfahren für Investoren, die TTIP-Debatte verschoben worden. Nun waren sich alle Parlamentarier in Straßburg einig in der Ablehnung klassischer privater Schiedsgerichte. Eine Kampfabstimmung wird es am Mittwoch aber darüber geben, wie kategorisch dieses “Nein” zu diesen ISDS (Investor State Dispute Settlement) sein sollte.

Die TTIP-Verhandlungen, die in der kommenden Woche offiziell in die zehnte Runde gehen, gelten vielen als aktuell größtes transatlantisches Projekt. Handelskommissarin Cecila Malmström beschwor in der Debatte noch einmal die Wachstumschancen. Neben dem Abbau verbliebener Zölle versprechen die Unterhändler der EU-Kommission den Zugang zu einer Reihe von US-Märkten, etwa bei der öffentlichen Beschaffung, im Bereich Telekommunikation oder in der Landwirtschaft. Auch auf Gaslieferungen aus den USA und die gegenseitige Anerkennung von Standards im Chemie- oder Automobilsektor hoffen die Unterstützer.

Dem steht freilich die Wunschliste von der anderen Seite des Atlantik gegenüber mit einer Liberalisierung im Bereich genetisch veränderte Lebensmittel oder bei Standards im Bereich Chemikalien oder Wein. Im Bereich geistiges Eigentum ist den USA der besondere Schutz des audiovisuellen Sektors und geographischer Herkunftsbezeichnungen ein Dorn im Auge.

Mit Blick auf das Hauptstreitthema ISDS warb Malmström am Ende der Debatte dafür, europäische “Führungsqualitäten” zu demonstrieren. Die alten ISDS-Verfahren, in denen Anwälte in Hotelzimmern Klagen von Investoren gegen Regierungen erledigten, könne man jetzt los werden, versprach die Schwedin. Sie will stattdessen auf ein internationales Handelsgericht zusteuern. “Die Welt schaut uns zu,” rief Malmström. Der Berichterstatter im Handelsausschuss, Bernd Lange von den Sozialdemokraten, war diesen Vorschlägen in seinem Entschließungsentwurf gefolgt. Doch beide Entwürfe sehen die internationale Schiedsgerichtsbarkeit erst “mittelfristig” vor. Für TTIP schlägt Langes Bericht als Zwischenschritt die Einsetzung von Berufsrichtern, Berufungsmöglichkeiten, aber auch die Respektierung der nationalen Gerichte vor.

Trotz des Lobs für andere Grenzziehungen etwa bei der Unantastbarkeit von Daseinsvorsorge, Kultur und Arbeitsstandards; bei ISDS geht Langes Entwurf vielen Abgeordneten nicht weit genug. Die Ablehnung geht quer durch die Fraktionen wie der gemeinsame Antrag einer Gruppe von Grünen, Linken, Sozialdemokraten, Konservativen und Euro-Skeptikern zeigt. Die Gruppe fordert die kategorische Streichung von ISDS. Langes ISDS-Vorschlag dürfte deswegen in der Abstimmung am Mittwoch wackeln. Wie weit die Kommission generell die Forderungen aus der Parlamentsentschließung durchzusetzen bereit ist und vermag, das müssen dann erst die Verhandlungsrunden der kommenden Monate und Jahre zeigen. (mho)