Der Ergebnislisten-Remix

Google experimentiert mit verschiedenen neuen Methoden, die Bedienung seiner Suchmaschine zu verbessern. Doch Veränderungen wird es wohl nur zaghaft geben können.

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Von
  • Kate Greene

Im Strudel der Microsoft-Yahoo-Übernahmeschlacht ging eine interessante Ankündigung nahezu unter, die für die Zukunft der Suchmaschinentechnologie durchaus relevant werden könnte: Marktführer Google experimentiert derzeit öffentlich mit einer Personalisierung der Ergebnislisten, die seine Server bei Stichworteingaben ausspucken. Teilnehmende Nutzer können dabei die jeweilige Ansicht ab sofort umschalten - statt nur eine Linkliste samt Bildern, Nachrichtenlinks oder YouTube-Videos zu erhalten, sind künftig mehrere zusätzliche Darstellungsweisen einblendbar. Dan Crow, der zuständige Produktmanager, hofft, dass das Experiment Google dabei helfen wird, die Suchschnittstelle für alle Nutzer zu verbessern. Das Vorhaben zeigt, dass Ingenieure und Designer inzwischen dabei sind, althergebrachte Suchmaschinen-Layouts aufzubrechen und den Online-Massen neue Funktionen zur Verfügung stellen.

Während sich die internen Algorithmen zwar ständig verbessern, blieb doch die Schnittstelle seit mehr als zehn Jahren faktisch unangetastet: Man tippt Suchbegriffe ein und die Suchmaschine spuckt sofort eine Liste der ersten zehn Treffer samt Hyperlinks aus. "Wenn man Googles Suchergebnisliste heute mit dem Angebot der inzwischen eingestellten Suchmaschine Infoseek aus dem Jahre 1997 vergleicht, ist beides in Sachen Präsentation bis auf die Werbung nicht zu unterscheiden", sagt Marti Hearst, Professorin an der "School of Information" der University of California in Berkeley.

Zwar versuchen Google-Konkurrenten inzwischen, Alternativen im Markt zu platzieren. So bietet Ask.com eine Daumennagel-Ansicht von jeder Web-Seite, die man vorab betrachten kann, bevor man sich weiter durchklickt. Clusty.com extrahiert derweil Worte, die auf den Suchergebnisseiten entdeckt wurden, damit der Nutzer das Ergebnis einschränken kann - so wird aus dem Suchbegriff "MIT" dann eine Referenzliste mit Worten wie "Labor", "Massachusetts Institute of Technology" oder "Bildungseinrichtung".

Doch solche sanften Änderungen setzen sich nur langsam durch, was man an Googles Dominanz in dem Sektor und dem standhaft konservativen Ansatz der Suchmaschine festmachen kann. Hearst sieht hinter der großen Verbreitung traditioneller Schnittstellen einige einfache Gründe. Einer davon: Suchmaschinen müssen eine große Nutzerbreite zufrieden stellen - vom Einsteiger bis zum Profi. Denn: Weniger erfahrene User werden gerne von zu vielen Informationen auf dem Bildschirm abgelenkt. Doch ein "Information Overload" ist wenig hilfreich, wenn man eigentlich nach einer einfachen Antwort sucht. Noch wichtiger ist laut Hearst aber, dass die Nutzer schlicht an das alte Interface gewöhnt sind und deshalb "ungern Neues ausprobieren", wie sie meint.

Google-Mann Crow glaubt ebenfalls, dass die Nutzer grundsätzlich zufrieden mit dem sind, was ihnen heute angeboten wird. "Das Standardformat hat sich kaum verändert, weil es einfach erfolgreich war. Es funktioniert bei den meisten Usern fast immer gut." Doch das bedeute nicht, dass man darin für immer verharren müsse.

Wer sich einen Google-Account für die "alternativen Ansichten" besorgt, bekommt deshalb künftig drei zusätzliche Darstellungsvarianten auf seiner Ergebnisseite angeboten: "Infoansicht", "Zeitleistenansicht" und "Kartenansicht". Sucht man dann etwa nach den Grateful Dead, erhält man zunächst die Ergebnisse in der "Listenansicht", die der Standardversion ähnelt. Schaltet man auf die Karte um, kommen geografische Informationen - etwa den Herkunftsort der Band (San Francisco) und wo sie zuletzt auftraten (New York). Ein Klick auf die Zeitleiste bringt zusätzlich ein Balkendiagramm auf den Bildschirm, das Daten, die mit der Künstlertruppe zu tun haben, über die letzten Jahre auflistet - beispielsweise wichtige Konzerte. Die Info-Ansicht ermöglicht wiederum das Filtern der Ergebnisse nach Datum, Maßeinheit (in diesem Fall sind neben Jahren merkwürdigerweise auch "Tonnen" möglich), Orten und Bildern.

Crow betont, dass Google auch bei seinen Experment nur die Daten erfasst, die auch sonst bei einer Suche gespeichert werden. Dazu gehören die Suchbegriffe und die Ergebnislinks, die geklickt werden - und die Anzahl der Fälle, in denen der Nutzer auf der Seite bleibt, die er von der Suchmaschine aus erreicht hat. Die im Experiment gewonnenen Daten fließen zusammen mit in den Google-Büros durchgeführten Nutzertests zum Suchverhalten in eine große Datenbasis ein, aufgrund derer sich Google dann entscheiden kann, ob und wie die Neuerungen eingeführt werden. Nerven wolle man die Nutzer mit den neuen Möglichkeiten jedenfalls auf keinen Fall, sagt Crow.

Die Verbesserung solcher Suchschnittstellen gilt als schwer, doch ist und bleibt sie ein Hauptteil der Technologie, wie Oren Etzioni, Professor für Informatik an der University of Washington, sagt. Denn: Es gibt Milliarden von Web-Seiten, doch die Ergebnislisten zeigen nur zehn auf einmal. "Das ist so, als ob man von einem Feuerhydranten trinken will. Das richtige Nutzerinterface ist deshalb unglaublich wichtig." Für besonders revolutionär hält er Googles neue Ansichten zwar nicht, doch es sei "sehr clever", dass nun ein öffentlicher Test durchgeführt werde, um erste Reaktionen einzufangen. In den nächsten Jahren sei damit zu rechnen, dass die Darstellungsoptionen weiter zunähmen und nicht jeder das gleiche Interface nutzen werde.

Fazit bei Google & Co.: Die Web-Suche wird sich wohl verändern, doch nur schrittweise. Schließlich ist es ein schmaler Grad zwischen nützlichen Zusatzinfos und der Überfrachtung des Nutzers mit neuen Funktionen. "Wir sollten nicht vergessen, dass wir uns noch in einer frühen Phase befinden. Die Leute denken, dass das Suchproblem im Netz bereits gelöst ist", sagt Crow. Doch genau das sei eben nicht der Fall: "Wir wissen, dass wir besser werden müssen." (bsc)