Facebook zur Herausgabe von Nutzerdaten gezwungen

Laut einem aktuellen Urteil muss Facebook Daten zu Verdächtigen an die US-Behörden herausgeben. Dabei darf das Unternehmen seine Kunden nicht darüber informieren, erst bei einem Strafverfahren erfahren Nutzer hiervon.

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Richterhammer
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Ein Berufungsgericht des Staates New York hat entschieden, dass Facebook Daten von insgesamt 381 Verdächtigen an die Staatsanwaltschaft herausgeben muss, wie die New York Times berichtet. Hintergrund des Streits ist ein Ermittlungsverfahren gegen mehr als 130 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes wegen vorgetäuschter Berufsunfähigkeit. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt die Beschuldigten, Berufsunfähigkeitsrente zu beziehen, während sich aus ihren Facebook-Accounts ergibt, dass sie ein sehr aktives Leben führen.

Facebook hatte Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss eingelegt, um die Privatsphäre seiner Nutzer zu schützen. Das Verfahren hatte große Aufmerksamkeit erreg, so haben mehrere IT-Konzerne, darunter Google, LinkedIn und Twitter sowie die New York Civil Liberties Union Facebook vor Gericht unterstützt.

Trotz der großen Bedeutung hat das Berufungsgericht Facebooks Berufung zurückgewiesen: Das Unternehmen könne nicht gegen den Beschluss vorgehen, denn es sei nicht in eigenen Rechten betroffen. Betroffen seien ausschließlich die Nutzer. Diese könnten sich theoretisch gegen den Beschluss wehren, allerdings hat die Sache einen Haken – sie erfahren vom Durchsuchungsbeschluss überhaupt nichts. Der Ermittlungsrichter hatte Facebook in dem Beschluss ausdrücklich verboten, die Nutzer hiervon zu informieren. Auch dieses Verbot ist nach Ansicht des Berufungsgerichts rechtmäßig.

Wehren können sich die Nutzer erst, wenn ein Strafverfahren gegen sie eröffnet worden ist. In dem Verfahren können sie dann rügen, die Beweismittel seien zu Unrecht erlangt worden und dürften daher im Strafverfahren nicht verwertet werden. Das bedeutet, dass Nutzer nur einen ganz eingeschränkten Schutz haben. Die New York Civil Liberties Union erklärte daher auch, sie sei über das Urteil sehr enttäuscht und hoffe darauf, dass in künftigen Urteilen die Privatsphäre von Nutzern besser geschützt würde.

Das Urteil hat eine große Bedeutung weit über Facebook hinaus, es gilt nämlich genauso für Cloud Provider. Auch hier kann ein Ermittlungsrichter einen Durchsuchungsbeschluss erlassen und die Datenherausgabe anordnen. Gleichzeitig verpflichtet er zur Geheimhaltung (Gag-Order). Cloud Provider können diesen Durchsuchungsbeschluss nicht anfechten und ihre Kunden erfahren zunächst nichts davon.

Das wirkt sich auf den Einsatz von US-Clouds durch deutsche Unternehmen aus. Bevor ein deutsches Unternehmen Mitarbeiterdaten, Kundendaten oder andere personenbezogene Daten in eine Cloud stellt, muss es eine Risikoabwägung vornehmen. Hierbei wird es zunehmend schwieriger, US-Cloud-Provider zu beauftragen. Bereits 2014 hat ein New Yorker Gericht entschieden, Microsoft sei verpflichtet, Daten aus einem Rechenzentrum in Dublin an die US-Ermittlungsbehörden herauszugeben.

Der lange Arm des US-Rechts greift somit auch bis nach Europa. Die neue Entscheidung verschlimmert die Lage noch. Ein deutsches Unternehmen muss befürchten, dass der Cloud Provider Daten herausgeben muss, sich nicht dagegen wehren kann und seinen Kunden nicht einmal informieren darf. (fo)