Gefahr für Angriffe mit EM-Pulsen wächst

Fachleute warnen: Nach Cyber-Attacken drohen schon bald Angriffe mit elektromagnetischen Impulsen.

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Electromagnetic-Pulse-Simulator der amerikanischen Luftwaffe

Electromagnetic-Pulse-Simulator der amerikanischen Luftwaffe.

(Bild: U.S. Air Force / Public Domain)

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Noch sind nur Einzelfälle bekannt: So berichteten russische Forscher 2006 von Einbrechern, die in St. Petersburg mit einem elektromagnetischen Disruptor die Alarmanlage eines Juweliergeschäfts ausschalteten. Und aus Deutschland gibt es in den vergangenen Jahren immer wieder Berichte über Autodiebe, die Störsender einsetzen, um die Zentralverriegelung teurer Limousinen auszuhebeln.

Dass Nachrichten über solche Attacken an die Öffentlichkeit geraten, sei die Ausnahme, sagt Michael Suhrke in der neuen Ausgabe der Technology Review (im Handel erhältlich oder im heise shop zu bestellen). Suhrke leitet am Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen (INT) in Euskirchen das Geschäftsfeld Elektromagnetische Effekte und Bedrohungen. Der Grund, dass solche Attacken nur wenig publik werden, liegt auf der Hand: der Schutz vor weiteren derartigen Straftaten. Niemand soll merken, wie verwundbar Sicherheitstechnik an dieser Flanke ist.

Suhrke zufolge wächst die Gefahr für elektromagnetische Attacken jedoch trotzdem, weil zum einen die Infrastrukturen selbst immer angreifbarer werden – egal ob es sich um Steuerungen von Kraftwerken oder Industrieanlagen, Sicherheitssysteme in Banken oder Flughäfen, um Telefon, Eisenbahn oder Auto handelt. Und weil sowohl Bauanleitungen für sogenannte High Power Electromagnetics (HPEM)-Quellen als auch Bezugsquellen für fertige Geräte mittlerweile online verfügbar sind.

Suhrke beteiligt sich zusammen mit Partnern aus zehn Nationen am EU-Projekt Hipow, immerhin 3,7 Millionen Euro stehen dafür bereit. Im Labor erzeugen die Fraunhofer-Forscher besonders hohe elektromagnetische Felder in einem weiten Frequenzbereich. Sie wollen wissen, wie Smartphones, Tablets und PCs, aber auch Alarmanlagen, Lesegeräte für elektronische Reisepässe, Türschließanlagen und ganze IT-Netzwerke auf solche Felder reagieren. Sein Fazit: "Die Effekte reichen von kurzfristiger Störung bis hin zu dauerhaften Schäden."

"Hipow hat gezeigt, dass Norwegen das einzige der zehn beteiligten Länder ist, in dem ein staatliches Regularium für solche Fälle existiert", sagt Suhrke. "Auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe kennt die Bedrohung – bislang allerdings ohne wesentliche Konsequenzen."

Wie konkret die Gefahr wirklich ist, lässt sich für die Experten schwer einschätzen. "Bislang ist – zum Glück – noch nichts Gravierendes passiert", stellt Suhrke fest. Verglichen mit Cyber-Attacken hält er die elektromagnetische Bedrohung jedoch "für noch weitreichender, denn dazu muss man nichts einschleusen und braucht kein Computernetzwerk".

Mehr dazu lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der Technology Review 08/15, die am Kiosk erhältlich und online bestellbar ist.

(jle)