Landesverrats-Ermittlung gegen Netzpolitik.org: "Ich war's nicht"

In der Debatte um die Ermittlungen gegen Netzpolitik.org wegen Landesverrat, distanzieren sich immer mehr Regierungsmitglieder vom Generalbundesanwalt. Außer Heiko Maas wollen auch die Kanzlerin und der Innenminister Zweifel geäußert haben.

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Markus Beckedahl

(Bild: dpa, Britta Pedersen/Archiv)

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  • dpa

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (beide CDU) teilen die Zweifel des Justizressorts an den Landesverrats-Vorwürfen gegen Netzpolitik.org. Das ließen beide Regierungsstellen am heutigen Montag bekanntgeben, berichtet die Tagesschau. Im Innenressort gebe es Skepsis, ob die beiden Blogger die Absicht gehabt hätten, die Bundesrepublik Deutschland zu benachteiligen oder eine fremde Macht zu begünstigen, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Es sei allerdings nichts dagegen einzuwenden, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz in dem Fall Strafanzeigen gegen Unbekannt erstattet habe.

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Der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, habe Innenstaatssekretärin Emily Haber und den zuständigen Abteilungsleiter vorab informiert, dass er einen solchen Schritt plane, erklärte der Innenressortsprecher. De Maizière selbst habe erst später davon erfahren und keine Einwände gegen das Vorgehen von Maaßen.

Netzpolitik.org hatte vor einigen Wochen über Pläne des Verfassungsschutzes berichtet, Online-Netzwerke stärker zu überwachen. Dazu stellten die Journalisten vertrauliche Unterlagen ins Netz. Der Verfassungsschutz erstattete wegen der Veröffentlichung Anzeige gegen Unbekannt und wohl auch gegen die Journalisten. Der Generalbundesanwalt Harald Range leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats gegen Netzpolitik.org ein. Das sorgte für Proteststürme, Demonstrationen und wurde von vielen Seiten als Angriff auf die Pressefreiheit gerügt.

Unterdessen wurde bekannt, dass Unbekannte die Internetseite der Bundesanwaltschaft gehackt haben. Man habe am Freitag bemerkt, dass Hacker in eine Datenbank der Webseite www.generalbundesanwalt.de eingedrungen seien, erklärte die Behörde am Montag auf Nachfrage der dpa. Teile der Webseite seien daraufhin vom Netz genommen worden, so unter anderem die Pressemitteilung mit jener, die die Behörde am Sonntag gegen die heftige Kritik in Schutz nehmen sollte.

Der Angriff erfolgte mit dem von Sicherheits-Testern gern eingesetzten Tool sqlmap, das automatisiert SQL-Injection-Lücken findet. Das bereits am Freitag veröffentlichte, knapp 10 MByte große Log-File der Attacken enthält vor allem die ohnehin öffentlich einsehbaren Texte, aber auch Benutzernamen und Verzeichnis- bzw Dateinamen. Es besteht die Gefahr, dass über den installierten PHPFileNavigator damit weitere Zugriffe möglich sind.

[Update 04.08.2015 – 8:50 Uhr] Seit Montagnachmittag sind die zwischenzeitlich herunter genommenen Inhalte auf der Seite des Generalbundesanwalts wieder online. Die Website ist wieder vollständig erreichbar. (mho)