Von unsterblichen Mäusen und Menschen

Erst 150, dann 5000 Jahre - der Biogerontologe Aubrey de Grey ist davon überzeugt, dass intensive Forschung zu nahezu unendlichem Leben führen kann

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Sascha Mattke
Inhaltsverzeichnis

Er bezeichnet sich selbst als Unruhestifter: Aubrey de Grey beschäftigt sich mit der Wissenschaft vom menschlichen Altern und will auch andere Forscher dazu animieren. Der 40jährige theoretische Biologe und Biogerontologe arbeitet an der Universität von Cambridge in Großbritannien. Er ist Mitbegründer des "Methusalem Maus"-Wettbewerbs, bei dem es um schnelleren Fortschritt zu wirksamen Medikamenten für Langlebigkeit und mehr öffentliches Interesse dafür geht. Technology Review traf de Grey auf einer Konferenz für Gentherapie in Santa Barbara.

Technology Review: Herr De Grey, stimmt es, dass Sie davon ausgehen, dass man die verbleibende Lebenszeit von zweijährigen Mäusen in den nächsten 10 Jahren verdreifachen kann?

De Grey: Ja, wenn man genügend Geld in die Forschung steckt. Die Mittel, von denen ich spreche, sind allerdings eher moderat - weniger als die Vereinigten Staaten derzeit für die Altersbiologie insgeamt ausgeben. Maximal 100 Millionen Dollar im Jahr müssten 10 Jahre lang investiert werden, schätze ich. Mit diesem Geld liegen die Chancen bei 90 Prozent, solche Mäuse herstellen zu können.

Technology Review: Lässt sich das Ergebnis auch auf den Menschen übertragen?

Wenn wir das Alterungsproblem früh genug lösen und eine Person jung genug ist, werden wir ihre Lebenserwartung damit vielleicht auf 150 Jahre erhöhen können. Danach wird es möglich werden, quasi unendlich zu leben - vorausgesetzt, Sie laufen nicht vor ein Auto oder kommen irgendwie anders unnatürlich um.

Technology Review: Unendlich lange leben?

Ja. Meine Argumentation ist extrem trivial - sie rechnet mit dem wissenschaftlichen Fortschritt -, wenn wir es erst einmal geschafft haben, die Lebenserwartung eines Menschen mittleren Alters zu verdreifachen. Menschen, die 50 sind, werden dann also nicht mehr in 30 Jahren sterben. Und dann steigern sich die Möglichkeiten der Technik einfach weiter.

Technology Review: Wie sieht es für die derzeitige Generation aus?

Leute meines Alters stehen am Scheitelpunkt. Wenn alles gut läuft, könnte ich noch Glück haben. Falls nicht, dann eben nicht. Wenn ich dabei helfe, ein Heilmittel gegen das Altern zu finden und wir dadurch nur ein Jahr früher fertig werden, habe ich schon 30 Millionen Leben gerettet. Das ist eine große Sache. Das zieht mich in ein solches Projekt. Ich kümmere mich weniger darum, wie es bei mir selbst aussieht.

Technology Review: Wie wird die Lebenserwartung von jemandem aussehen, der 2025 geboren wurde?

Normalerweise sage ich da immer gerne: 5000 Jahre. Das ist aber nur sehr, sehr grob geschätzt. Ich berechne das so: Wenn es kein Altern mehr gäbe, aber alle Todesarten, die wir heute haben (Infektionskrankheiten,Autounfälle, Kriege...) würde man durchschnittlich 1000 Jahre leben, plusminus ein paar Hundert Jahre. Ich gehe aber eher von 5000 Jahren aus, weil die Gesellschaft wohl risikobewusster wird, wenn sie die Möglichkeit hat, eine tatsächlich frei wählbare Zeit lang zu leben. Ich habe bereits 1999 vorausgesagt, dass beispielsweise das Autofahren verboten würde, weil es für unsere Mitmenschen zu gefährlich ist. Das denke ich auch heute noch - falls es nicht irgendwann Autos gibt, die wesentlich sicherer werden und schwere Unfälle auch bei menschlichem Versagen verhindern.

Technology Review: 5000 Jahre klingt ziemlich verwegen...