Streit um das NASA-Budget

Louis Friedman, Direktor der Planetary Society kritisiert das neue Budget der US-Weltraumbehörde scharf: Die NASA raube Forschungsmissionen und zukunftsträchtiger bemannter Raumfahrt das Geld.

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Im Vergleich zu anderen Teilen des Staates erging es der NASA im vorgeschlagenen Budget des US-Präsidenten für das Jahr 2007 noch recht gut: In dem Zahlenwerk, das am 6. Februar vorgelegt wurde, sind 16,8 Milliarden Dollar für die Weltraumbehörde vorgesehen, was einem Anstieg von immerhin 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht (Notausgaben aufgrund des Hurrikans Katrina einmal ausgenommen). Bezieht man die Inflation mit ein, bleibt das NASA-Budget also in etwa gleich.

Wie die Weltraumbehörde ihr Geld künftig ausgeben soll, ist nun aber hoch umstritten – viele Raumfahrt-Freunde halten die neue Budgetierung für völlig falsch. So gehen nur etwas weniger als 4 Milliarden Dollar in die Abteilung "Exploration Systems Mission Directorate", die das neue "Crew Exploration Vehicle" (CEV) entwickeln soll, das als Nachfolger des Space Shuttle gilt und dieses bis 2014 ersetzen soll. Das CEV erinnert an die Kapsel einer Apollo-Rakete.

Die Ausgaben für das CEV sind Teil des "Vision for Space Exploration"-Programmes aus dem Jahr 2004, das US-Präsident Bush ausarbeiten ließ. Es schlägt vor, Menschen zurück zum Mond und schließlich zum Mars zu schicken. Doch um die drei verbliebenen Space Shuttles zu unterhalten und die Internationale Raumstation ISS endlich fertig zu bauen, gönnt die NASA dem CEV-Projekt nun plötzlich eine Milliarde Dollar weniger. Zusätzliche 1,5 Milliarden werden von der Weltraumforschung, sprich: von unbemannten Forschungsmissionen, abgezogen.

Louis Friedman, Exekutivdirektor der Planetary Society mit Sitz im kalifornischen Pasadena, gibt sich aufgrund der neuen Budget-Betonung des Space Shuttle sehr besorgt. Es gehöre sofort in Rente geschickt. Stattdessen müsse die NASA die Entwicklung des CEV und des damit verbundenen "Heavy Launch Vehicle" (HLV) für größere Lasten beschleunigen.

Friedman gründete die Weltraumvereinigung, die als größte Lobbyorganisation ihrer Art gilt, 1980 mit Carl Sagan und dem Weltraumforscher Bruce Murray. Friedman glaubt, dass die weitere Finanzierung des Space Shuttles sowohl die neuen Mond- als auch die zukünftigen Mars-Missionen und wichtige Forschungsprojekte gefährdet.

Technology Review: Was war Ihre erste Reaktion auf das neue Budget und die Ankündigung der NASA, sie müsse Forschungsprogramme beschneiden?

Louis Friedman: Wir waren nicht unbedingt geschockt. Die Nachrichten sind allerdings noch schlechter, als wir erwartet hätten. Uns dämmert langsam, dass es sich dabei um einen Frontalangriff auf die Weltraum-Wissenschaften handelt. Die NASA sagt doch selbst öffentlich, dass die Forschung das Kronjuwel der Behörde ist. Trotzdem meint sie, man müsse sie nun beschneiden. Das ist einfach grotesk.

In alten NASA-Tagen hieß es immer, die Behörde belohne Fehlschläge und bestrafe den Erfolg. Soweit sind wir heute wieder: Man nehme den erfolgreichen Teil des Programmes und fahre ihn zurück. Wir stehen voll hinter Präsident Bushs "Vision for Space Exploration" und der NASA-Reform, die neue Weltraumfahrzeuge bringen soll. Aber das treibt das neue Budget einfach nicht voran. Es kehrt einfach zu alten Ideen zurück, indem erneut ins Shuttle investiert wird.

TR: Erst 2005 meinten die NASA-Forscher noch, sie erwarteten in den nächsten Jahren zwischen sechs und acht Prozent mehr Geld für ihre Forschungsmissionen. Der Anstieg liegt nun nur noch bei ungefähr einem Prozent pro Jahr. Woher kommt dieser plötzliche Umschwung und warum fließen diese Mittel nun dem Space Shuttle zu?

Friedman: Einerseits dominiert hier die Frage nach den Arbeitsplätzen. Andererseits geht es doch jetzt darum, dass wir den Schritt vom Shuttle zum CEV/HLV wagen. Je früher es soweit ist, umso weniger problembeladen und umso ehrlicher wird dieser Prozess werden. Dieser Neuanfang könnte schon jetzt beginnen. Dafür müssten wir vielleicht ein bisschen draufzahlen und die Forschung beschneiden, wie das jetzt getan wird. Aber dafür würden derlei Einschnitte nicht mehr in den nächsten Jahren notwendig werden, also nicht noch in 2008, 2009, 2010 und 2011.