Test der europäischen elektronischen Grenzkontrolle offenbart Schwachstellen

Das EU-Projekt einer elektronischen Grenzkontrolle kämpft mit technischen Problemen und den Tücken der Biometrie.

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Elektronische Grenzkontrolle

Ausweis-Scanner am Flughafen Frankfurt am Main

(Bild: EU-Kommission)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Der Testlauf der elektronischen Grenzkontrolle ist nach einem offiziellen Zwischenbericht der zuständigen Agentur EU-LISA erfolgreich. Reisende, die diese Form der "Selbstabfertigung" nutzen, zeigten sich dem Bericht zufolge sehr zufrieden. Die Zustimmungsraten lagen bei 84 bis 93 Prozent. Ein interner technischer Bericht, der heise online in einer Zusammenfassung vorliegt, spricht hingegen technische Probleme an.

Besonders die Entscheidung der EU, die Grenzkontrolle mit zehn Fingerabdrücken statt wie ursprünglich geplant mit vier Fingern durchzuführen, verursacht demnach einige Probleme. "Vier Finger seien in weniger als 20 Sekunden erfasst worden", heißt es in dem zusammenfassenden Bericht. Bei der Erfassung von zehn Fingern sei dies nur in 7 Prozent der Fälle gelungen. Die größten Probleme seien bei der Erfassung der kleinen Finger aufgetreten,.

Auch die Übertragungstechnik spielte eine Rolle, wenn die Grenzkontrolle nicht an fest installierten Systemen wie etwa auf dem Flughafen Frankfurt stattfand. Die Erfassung von Fingerabdrücken habe in fahrenden Zügen zum Teil bis zu fünf Minuten gedauert, sodass der Prozess teilweise abgebrochen worden sei, berichten die Techniker. Am Flughafen von Amsterdam, wo die Testphase bereits abgeschlossen ist, wollten wesentlich mehr Reisende als erwartet ihre Fingerabdrücke abgeben. Auch hier gab es Probleme mit den kontaktlosen Lesegeräten: In zwei von fünf Fällen sei es zu Fehlern bei der Erfassung gekommen. Die Qualität der Daten sei daher gesenkt worden.

Am Flughafen von Madrid, wo die Tests mit 3200 Reisenden am ABC-System (Automated Border Control) durchgeführt wurden, zeigte sich die Technik von einer anderen Seite her anfällig: Um das biometrische Gesichtsbild auf dem Reisepass überprüfen zu können, muss das Zertifikat des Passes mit dem Zertifikat des ausstellenden Landes verglichen werden können. "In 32 Prozent der Fälle habe die passive Authentifizierung nicht funktioniert, da die Zertifikate nicht vorgelegen hätten, um die Authentizität des Passes zu verifizieren", heißt es in dem Bericht. Hier weisen die Techniker von EU-LISA ausdrücklich auf die zentrale Bedeutung der Einführung einer Schengen Master Control List hin, die die entsprechenden Zertifikate vorhält.

Insgesamt offenbarten die Tests deutliche Unterschiede bei den einzelnen Systemen. So dauerte die Gesichtserkennung in Amsterdam 4 Sekunden, in Madrid 15 Sekunden. In Frankfurt ist der Test noch nicht abgeschlossen. Im Durchschnitt dauerte die Schengen-Ausreise über ein ABC-System 15 bis 27 Sekunden, wobei nur in 12 Prozent der Fälle die automatisierte Grenzkontrolle durch eine Nachkontrolle von Grenzbeamten ergänzt werden musste. Besonders brasilianische Reisepässe fielen durch, da sie nicht der ICAO-Norm entsprechen.

Gute Erfahrungen wurden offensichtlich bei dem separaten Test von Iris-Scan-Systemen für die automatische Grenzkontrolle gemacht. Die Tests sollen zu 80 Prozent funktioniert haben, wobei die Erfassung in 95 Prozent der Fälle weniger als 30 Sekunden dauerte. Somit sei der Iris-Scan deutlich schneller als die Erfassung von Fingerabdrücken, egal ob mit vier oder mit 10 Fingern, lobt der Bericht die Technik. Probleme habe es nur mit schwankenden Lichtverhältnissen in fahrenden Zügen sowie mit "älteren Menschen und Asiaten" gegeben, die vor dem System scheuten.

Update 16:45 Uhr:

Die Smart Borders Initiative der EU ist auf Drittstaaten-Angehörige ausgerichtet, die in den Schengen-Raum ein- oder ausreisen. Sie ist nicht mit den EasyPass genannten genannten Systemen identisch, die für die schnelle Abfertigung von Schengen-Bürgern gedacht ist. In Deutschland wurde die Smart Borders Inititative vom damaligen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich gefördert. (anw)