Breko, Buglas und VATM warnen eindringlich vor Re-Monopolisierung des Tk-Markts

Die Telekom möchte die Vectoring-Technik an allen Hauptverteilern in Deutschland allein ausbauen, die Bundesnetzagentur könnte das abnicken. Der Mitbewerb kritisiert: Die Telekom bekäme alle Filetstücke für eine fast wertlose Ausbauverpflichtung.

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Kabelbündel
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Von
  • Dusan Zivadinovic
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Ungewohnt einig und teils mit drastischen Worten warnen alle drei großen Verbände Breko, Buglas und VATM, in denen sich Tk-Unternehmen organisiert haben, vor einer Re-Monopolisierung des deutschen Breitbandmarkts zugunsten der Deutschen Telekom.

Die Telekom hatte im Februar bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) überraschend beantragt, an sämtlichen Hauptverteilern in Deutschland die Vectoring-Technik einsetzen zu dürfen. Das für Internet-Zugänge auf Basis von Kupferkabeln entwickelte Vectoring verdoppelt gegenüber herkömmlicher VDSL-Technik die Geschwindigkeit auf 100 MBit/s. Sie lässt sich aber an einem Knotenpunkt – Hauptverteiler oder Kabelverzweiger – immer nur von einem einzigen Betreiber nutzen. Die Bundesnetzagentur will nun in Kürze ihren Entscheidungsentwurf bekannt geben, der den Breitbandausbau beeinflussen dürfte – aber auch das Potenzial hat, den Breitbandmarkt in Deutschland aufzumischen.

Das exklusive Ausbaurecht betrifft an jedem Hauptverteiler ein Gebiet von etwa 1,1 Kilometern Durchmesser. Die Telekom, so warnen die drei Verbände Breko, Buglas und VATM, wolle sich nun das Ausbaurecht durch eine Investitionszusage erkaufen. Im Februar hatte die Telekom Politiker und Regulierer mit dem Versprechen gelockt, "weitere 5,9 Millionen Haushalte mit superschnellen Internetanschlüssen" versorgen zu können und "rund eine weitere Milliarde Euro" investieren zu wollen.

Einiges deutet darauf hin, dass der ehemalige Monopolist diese Zusage im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags mit der BNetzA fixieren könnte. Die BNetzA hatte am Donnerstag ein Gutachten veröffentlicht, das einen solchen Vertrag im Prinzip für möglich hält. Der Breko befürchtet nun, dass sich die Zusage der Telekom bei der anstehenden Entscheidung der BNetzA zu Gunsten des Bonner Unternehmens auswirken wird. Und die Regulierungsbehörde will "mit der Telekom in nächster Zeit den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zu erörtern".

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten, VATM, kritisiert die Absichten hart: "Die Telekom fordert ein Ausbaumonopol mit Vectoring-Technologie für alle Filetstücke und bietet hierfür eine fast wertlose Ausbauverpflichtung an", so Geschäftsführer Jürgen Grützner. Für die Zusicherung einer vergleichsweise geringen Investition könne der Telekom nun in zentralen Bereichen eine Remonopolisierung des Breitbandmarktes gelingen.

Während Kommunen, die selbst ausbauen, rund 30 Jahre veranschlagen, bis sich die Kosten für den Glasfaserausbau amortisiert haben, würde dies im HVt-Nahbereich, für den die Telekom ein Monopol beantragt hat, deutlich schneller gehen, führt der VATM aus. In maximal zwei Jahren könne die Telekom ihre Ausgaben eingespielt haben. Zu diesem Ergebnis kommt Breitband-Berater Kai Seim. "Ein erstklassiger Deal für die Telekom, aber äußerst schlecht für die Bürger, die Wirtschaft und den Wettbewerb", fasst Grützner zusammen.

Der Breko bewertet den Gewinn, den die Zusage der Telekom für den Breitbandausbau bringen könnte, niedrig. Demnach könnten schon rund 70 Prozent der genannten 5,9 Millionen Haushalte einen Anschluss mit mindestens 40 MBit/s erhalten, die meisten sogar 50 MBit/s und mehr. Und nur rund 17 Prozent der bundesweit rund 41 500 Kabelverzweiger in HVt-Nahbereichen lägen tatsächlich im ländlichen Raum und hätten also Potenzial, schlecht versorgte Gebiete besser anzubinden.

Wolfgang Heer, Geschäftsführer des Bundesverbands Glasfaseranschluss, meint: "Das Gutachten kommt nach unserer ersten Prüfung ganz klar zu dem Ergebnis, dass ein solcher Vertrag mit erheblichen Rechtsunsicherheiten behaftet wäre". Ein Handeln im Wege eines öffentlich-rechtlichen Vertrags entspreche nicht der etablierten Verwaltungspraxis der Bundesnetzagentur, es gebe wenig einschlägige Rechtsprechung und damit verbunden eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. Wichtig sei auch die Aussage des Gutachtens, dass das Regulierungshandeln in keiner Weise durch einen solchen Vertrag determiniert werden dürfe.

Breko-Präsident Norbert Westfal kritisiert: "Es kann nicht sein, dass sich ein Ex-Monopolist mit noch immer erheblicher Marktmacht eine Regulierungsentscheidung zu seinen Gunsten quasi erkauft. Wir setzen darauf, dass die Bonner Regulierungsbehörde eine unabhängige Entscheidung treffen und sich nicht auf einen politisch gewollten Deal einlassen wird". Breko-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers meint: "Es wäre erheblich sinnvoller, vorrangig die wenigen unterversorgten HVt-Nahbereiche mit nachhaltigen und zukunftssicheren Glasfaserleitungen bis ins Haus (FTTB) oder bis in die Wohnung (FTTH) auszubauen".

Der Glasfaserausbau würde durch den geplanten VDSL2-Vectoringausbau jedoch massiv erschwert bis unmöglich: "Auf diese Weise entstehen Bandbreiten-Inseln, in deren Umfeld nur noch extrem unwirtschaftliche Randgebiete zurückbleiben", schildert Norbert Westfal. "Diese Maßnahme ist demzufolge ungeeignet, eine digitale Spaltung der Gesellschaft zu verhindern, sondern fördert diese sogar noch, da in diesen Bereichen meist nur Internet-Anschlüsse mit wenig Bandbreite und zudem keine weiteren Alternativen verfügbar sind." (dz)