"Heutige Computer halten uns doch nur von unserer Arbeit ab"

Aza Raskin im Interview mit Technology Review über seinen Plan, die Rechner-Bedienung menschlicher zu machen.

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Inhaltsverzeichnis

Jef Raskin, Vater des Macintosh-Projektes bei Apple und lebenslanger Aktivist für bessere Mensch-Maschine-Schnittstellen, verstarb 2005 mit 61 Jahren an Krebs. Sein Sohn Aza führt sein Lebenswerk nun fort: Zusammen mit Atul Varma, Jono DiCarlo und Andrew Wilson hat er in Chicago das Unternehmen Humanized gegründet, das sich ebenfalls der besseren PC-Bedienung verschrieben hat. Mit "Enso" hat die Firma inzwischen ihr erstes Produkt auf den Markt gebracht. Im Interview mit Technology Review spricht Aza Raskin über seinen Plan, die Rechner-Bedienung menschlicher zu machen.

Technology Review: Herr Raskin. Ihr verstorbener Vater Jef gilt als "Vater" des Apple Macintosh, auch wenn er später von Steve Jobs aus der Firma gedrängt wurde und das endgültige Produkt dann doch anders war, als er sich das vorgestellt hatte. Wie viel "Jef Raskin" steckt denn in "Enso", dem ersten Produkt Ihrer neuen Firma Humanized?

Aza Raskin: Die wohl wichtigste Idee meines Vaters war es, dass Computer so arbeiten sollten, wie dies Menschen benötigen – und nicht umgekehrt. Zu Zeiten des Apple I und Apple II wurden Rechner noch allein um Technologie herum entwickelt. Das "nächste große Ding" begann damals immer damit, dass irgendein Ingenieur einen neuartigen Chip in die Hand bekam. Zu jenen Zeiten waren Computer aber auch noch kaum etwas für "normale" Menschen und wurden auch in deutlich geringeren Stückzahlen verkauft. Die Idee meines Vaters, Computer benutzerfreundlicher zu machen, brachte sie letztlich in die Hände von Millionen von Menschen – Apple schenkte ihm dann auch zum Dank den Millionsten Macintosh, der produziert wurde. Rechner menschenfreundlicher zu gestalten, entwickelte eine gigantische Kraft.

Mein Vater war ein Genie darin, zu erkennen, wie Menschen wirklich arbeiten. Er hat das dann auf den Computer übertragen. Nach seinen Projekten für Apple und später Canon hat er diese Gedanken dann zehn Jahre lang aufgeschrieben und daraus das Standardwerk "The Humane Interface" gemacht, das 2000 erschien. Enso setzt voll auf diese Arbeit.

TR: Spielte Archy, das letzte Software-Projekt Ihres Vaters, auch eine Rolle für Ihre Firma?

Raskin: Archy sollte der ultimative Texteditor werden. Die Vision dabei war, die Software langsam wachsen zu lassen, bis sie schließlich die Rolle eines Betriebssystems übernimmt. Die Menschen sollten Archy für einfache Texte benutzen und dann erkennen, dass sie das Werkzeug gar nicht mehr verlassen mussten, um andere Dinge zu erledigen. Sogar komplexe Aufgaben wie der Schnitt von Videos sollten damit eines Tages möglich sein. Leider erwies sich dies alles als technisch komplizierter, als ein Betriebssystem von Anfang an neu zu gestalten. Die Idee hätte wohl auch nie mehr als eine kleine Fangemeinde gefunden, weil es einfach zu teuer gewesen wäre, sie breit zu adaptieren.

Seit dieser Zeit suche ich nach einem Weg, das Projekt dennoch umzusetzen. Um das Kostenproblem zu lösen, entschied ich mich dafür, die Technik und Leistungsfähigkeit von Archy einfach schrittweise modernen Betriebssystemen hinzuzufügen – und daraus entstand dann Enso.