"Die Photosynthese ist die Antwort"

Der Chemiker Daniel Nocera will die Photosynthese aus der Pflanzenwelt auf das Genaueste "nachbauen" – und so die Energie der Sonne als chemischen Treibstoff speichern.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Kevin Bullis
Inhaltsverzeichnis

Während Forscher und Ingenieure auf der ganzen Welt nach neuen, sauberen Energiequellen suchen, glaubt der Chemiker Daniel Nocera, die eleganteste Lösung bereits gefunden zu haben: Die Photosynthese aus der Natur. Dabei nutzen Grünpflanzen bekanntlich die Energie des Sonnenlichts, um sich Wasser und CO2 zunutze zu machen.

Mit Hilfe der Manipulation von Wasserstoff-, Sauerstoff- und Kohlenstoffatomen in einem komplexen chemischen Prozess produzieren sich die Pflanzen ihre Zellulose und ihr Lignin selbst und speichern überschüssige Energie in Form von Zucker. Nocera glaubt, dass ein besseres Verständnis der Photosynthese zu neuen Methoden führen könnte, Solarenergie zu produzieren und vor allem zu speichern – und zwar praxistauglich genug, dass sich damit Fahrzeuge antreiben lassen und Energie auch dann noch zur Verfügung steht, wenn die Sonne einmal nicht scheint.

Photosynthese-Experte Nocera erforscht daher die grundlegenden chemischen Prozesse, die die Photosynthese erst ermöglichen. Mit diesem Wissen will er dann Katalysatoren bauen, die mit Hilfe der Sonne Wasserstoff für Brennstoffzellen produzieren. Technology Review sprach mit dem MIT-Chemieprofessor über seinen Traum einer Welt, die nur von Sonne und Wasser angetrieben wird.

Technology Review: Herr Nocera, was ist Ihrer Meinung nach aktuell die größte Herausforderung bei der Sicherstellung unserer Energieversorgung?

Daniel Nocera: Das Problem der Skalierbarkeit. Wir werden weiterhin einen riesigen Bedarf haben, und wenn man sich die Zahlen genau ansieht, gibt es eigentlich nur einen Energielieferanten, der ausreichen dürfte: Die Sonne. Aber da müssen wir noch viel forschen. Die Technologie folgt normalerweise immer einem bestimmten Pfad. Dann gibt es eine wichtige, neue Entdeckung, und ein neuer Pfad tut sich auf. Im Solarenergiebereich befinden wir uns derzeit auf sehr vorhersehbaren Wegen – es erfolgen fast nur noch inkrementelle Verbesserungen.

TR: Sie selbst untersuchen die Photosynthese, um auf neue Ideen zu kommen, wie sich Sonnenlicht in einen chemischen Brennstoff umwandeln lässt. Und zwar auch dann, wenn die Sonne nicht scheint oder man ein Brennstoffzellenfahrzeuge betreiben will.

Nocera: Man kann Solarenergie direkt verwenden, aber nur dann, wenn die Sonne auch scheint. Man braucht deshalb auch eine Methode, diese Energie zu speichern. Ich versuche deshalb, die fundamentalen Prozesse der Photosynthese herauszuschälen, um sie endlich nutzbar zu machen.

TR: Warum ist die Photosynthese so attraktiv?

Nocera: Sie erledigt drei Dinge: Sie fängt das Licht ein, wandelt es in einen drahtlosen Strom um (Blätter stehen ständig unter Elektrizität) und speichert die überschüssige Energie dann auch noch. Aus umgewandelter Lichtenergie wird so chemische Energie. Ein Großteil davon wird zum Überleben der Pflanze benötigt, ein wenig wird gespeichert.

Die Photosynthese dürfte eine der effizientesten Energieumwandlungsformen sein, die es auf der Welt gibt. Bei der Energiespeicherung ist sie nicht ganz so gut, weil eine Grünpflanze dafür schließlich nicht gedacht ist – sie lebt und wächst und pflanzt sich fort.

Und das ist unser Ansatz: Können wir das, was in den Blättern von Pflanzen abläuft, künstlich tun, also den Prozess des Einfangens, Umwandelns und Speicherns von Licht in chemischen Verbindungen? Mein Katalysator muss aber kein lebender Organismus sein: Er soll deshalb wesentlich mehr Energie aufnehmen und sie in chemischen Verbindungen speichern.