Die drahtlose Glühbirne

Forscher am MIT haben eine revolutionäre Methode entwickelt, Energie durch die Luft zu übertragen – über erstaunlich große Distanzen und mit sehr hoher Leistung.

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Von
  • Kate Greene
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Marin Soljacic, Professor für Physik am MIT, konnte zusammen mit seinem Kollegen John Joannopoulos in dieser Woche ein faszinierendes Experiment präsentieren: Eine 60-Watt-Glühbirne wird aus einer Entfernung von zwei Metern drahtlos mit Strom versorgt. Es ist das erste Mal, dass Forscher zeigen konnten, dass sich derart viel Energie über solche Distanzen drahtlos übertragen lassen. Aus dem Experiment könnten bald ganz neue Anwendungen entstehen: Laptops, Handys oder Musikspieler, die man ohne Kabel aufladen kann, Haushaltsgeräte, die keine Kabel mehr benötigen, und vieles mehr.

Die Studie ("Science Express" vom 7. Juni) basiert auf einer theoretischen Arbeit, die das MIT-Team bereits im vergangenen November vorgestellt hatte: "Wir hatten viel Vertrauen in diese Theorie. Und unser Experiment hat nun tatsächlich gezeigt, dass es so funktionieren kann", meint Soljacic.

Die Technologie ist erstaunlich simpel: Im Grunde besteht sie nur aus zwei Metallspulen. Andre Kurs, Master-Student am MIT, der das begleitende Paper schrieb, erläutert den Ansatz: Man nehme zwei Kupferspiralen mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern, die ungefähr zwei Meter auseinander liegen. Die eine wird an eine Stromquelle angeschlossen, steckt also schlicht in der Steckdose – die andere hängt an der Glühbirne. Wird dann der Strom eingeschaltet, entsteht durch die Elektrizität in der ersten Spule ein Magnetfeld. Die Spule, die an der Glühbirne hängt, nimmt dieses dann auf und generiert in sich eine Spannung, die wiederum das Licht leuchten lässt.

Das Grundprinzip dieser Energieübertragung ist lange bekannt – es handelt sich dabei um die so genannte induktive Kopplung, die auch in Transformatoren zum Einsatz kommt. Die MIT-Erfindung wurde allerdings etwas abgewandelt, weil sie die so genannte Resonanzkopplung verwendet. Transformatoren-Spulen können Energie nur dann übertragen, wenn sie nur wenige Zentimeter voneinander entfernt liegen – bei jeder größeren Distanz wirken die Magnetfelder nicht mehr auf die gleiche Art. Um die Zwei-Meter-Distanz zu erzielen, mussten Soljacic und sein Team daher Spulen verwendet, die mit einer Frequenz von 10 Megahertz schwingen. Wenn dann der Strom durch die erste Spule fließt, produziert er ein 10 Megahertz-Magnetfeld. Die zweite Spule schwingt ebenfalls auf dieser Frequenz, kann das Feld dadurch abnehmen – und zwar aus einer relativ großen Distanz. (Würde die zweite Spule mit einer anderen Frequenz schwingen, würde die Energie der ersten einfach ignoriert.)

Der Energietransfer sei so auch sehr effizient, erläutert Soljacic. Würde die Energie von einer Antenne ausgestrahlt, wie dies bei der drahtlosen Informationsübertragung erfolgt, wäre die meiste Leistung verloren, weil Antennen in alle Richtungen strahlen – kein gutes Verfahren zur Energieversorgung. Deshalb nutzen die MIT-Forscher auch so genannte nichtstrahlende Energieformen, die nahe bei den Spulen gebündelt wird. In der ersten Demonstration erreichten sie so eine Übertragungseffizienz von satten 45 Prozent.