Wie sieht E.T. aus?

Bei der Suche nach außerirdischem Leben werden sich Forscher immer öfter eines grundlegenden Problems bewusst: Organismen auf anderen Planeten könnten so "anders" sein, dass wir sie erst gar nicht als solche erkennen.

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Der Mythos des Außerirdischen geistert schon seit Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden durch die Menschheitsgeschichte. Das Bild vom "Alien" als menschenähnlichem Wesen, das vor allem im 19. und 20. Jahrhundert geprägt wurde, dürfte allerdings grundfalsch sein: Wenn wir extraterrestrisches Leben entdecken, könnte es so anders sein, dass wir es auf den ersten Blick gar nicht erst erkennen.

Zu einem entsprechenden Ergebnis kommt ein neuer Bericht des National Research Council (NRC) der US-Nationalakademie. Sein Fazit: Es ist wesentlich wahrscheinlicher, dass E.T. eine völlig andere Lebensform ist als der Mensch - mit chemischen Prozessen, die wir noch nicht verstehen und mit einem Erbgut, das uns auf den ersten Blick kaum vertraut vorkommen dürfte.

Eine noch wichtigere Erkenntnis der Forscher ist allerdings, dass die aktuell für unabdingbar gehaltenen Grundlagen des Lebens auf der Erde wie Wasser, Kohlenstoff und passende Energieformen keineswegs unabdingbar für überlebensfähige Organismen auf anderen Planeten sein müssen. Das extraterrestrische Leben, heißt es in dem von der NASA finanzierten NRC-Report, könnte auch andere Ausgangspunkte haben.

Die Wissenschaftler fordern daher einen neuartigen Ansatz bei der Forschung. Der Schlüssel dazu liegt in den unwirtlichen Regionen unseres eigenen Planeten – dort, wo Organismen leben, die sich an Extrembedingungen gewöhnt haben (bzw. gemäß NRC-Report an das, was der Mensch für Extrembedingungen hält). "Das ist wichtig, um herauszufinden, nach was wir bei unserer Suche nach Leben im Sonnensystem überhaupt suchen müssen", kommentiert John Baross, Professor für Ozeanographie an der University of Washington, der die Arbeit an dem Bericht leitete.

Baross gibt gerne zu, dass wir bei der Suche nach E.T. erst einmal eingestehen müssen, das wir nichts wissen: "Bislang konzentriert sich die Arbeit vor allem auf Erd-ähnliches Leben, weil es das ist, was wir kennen. Doch Leben, das auf anderen Planeten entstanden ist, könnte unerkennbar bleiben, weil es so anders ist." Fortschritte in der Biologie und Biochemie in den letzten 10 Jahren hätten aber gezeigt, dass die Ausgangssituation für die Entstehung von Leben keineswegs so klar seien, wie die Forschung über Jahrhunderte dachte, so der Wissenschaftler.

Die Wahrscheinlichkeit, das außerirdische Lebensformen auf uns Menschen "merkwürdig" wirken, ist äußerst hoch, glaubt der NRC-Report. "Die Grunderkenntnis ist, dass Leben in anderen Formen als auf der Erde möglich wäre", meint Baross.

Die Auswirkungen dieser Richtungsbestimmung sind tiefgehend. Wasser, der Ursprung allen Lebens auf unserem Planeten, könnte auf anderen Himmelskörpern durch eine andere Flüssigkeit (oder gar ein Gas) ersetzt sein. Auch der Erbgutaufbau aus vier Nukleotiden wird sich kaum auf weit entfernten Planeten finden. Der Stoffwechsel, beim Menschen Kohlenstoff-basiert, könnte dementsprechend bei außerirdischem Leben ganz anders sein, seine Energie aus Quellen beziehen, die wir noch gar nicht kennen.

Um diese Punkte abzuklären, müssen die Forscher bisherige Studien zum Ausgangspunkt des Lebens neu betrachten - und möglicherweise revidieren. Organismen, die unter Extrembedingungen in der Tiefsee oder gar in Lava überleben können, wären Vorbilder. Nicht Kohlenstoff-basierte Lebewesen besitzen eine gänzlich andere Chemie.

Diese Erkenntnis hat auch Auswirkungen auf die Sensortechnik, die (unbemannte) Weltraummissionen auf ferne Planeten mitbringen müssen - etwa zum Mars, wo man nach den einfachsten biologischen Funktionsgruppen suchen müsste. Interessant könnte auch der Saturn-Mond Enceladus sein, auf dem es womöglich Wassergeysire gibt - unter extremsten Bedingungen. Aber vielleicht sind ja auch diese Untersuchungen noch "zu nah" an dem, was der Mensch aktuell unter Leben versteht. Eines steht schon fest: E.T. wird ganz anders sein, als wir ihn uns vorgestellt haben - was sehr aufregend sein könnte. (bsc)