Telefonieren per E-Mail

Yoomba heißt ein neuer Dienst, der Voice-over-IP und E-Mail miteinander verknüpfen will. Jeder Internet-Nutzer soll künftig direkt über seine bereits bekannte Online-Postadresse erreichbar werden.

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Israelische Online-Start-ups haben schon mehrfach in der Geschichte des Internets die Kommunikationswege im Netz revolutioniert. Man erinnere sich nur an Vocaltec mit seinem Internet Phone, das dem Voice-over-IP-Trend um mehrere Jahre zuvorkam – oder ICQ (heute Teil von AOL), das Instant Messaging erst wirklich populär machte.

In die Fußstapfen dieser weltberühmten Vorbilder will nun auch eine Neugründung namens Yoomba treten. Das in Tel Aviv gegründete Unternehmen, das nun im amerikanischen Silicon Valley einen zweiten Hauptsitz hat, kombiniert mehrere populäre Online-Kommunikationsmethoden, um die Erreichbarkeit der Netznutzer zu erhöhen. Um es besonders einfach in Form eines "Elevator Pitch" zu formulieren: Yoomba macht Menschen über ihre bestehende E-Mail-Adresse kostenlos per Sprache und Chat erreichbar, Telefonnummern oder irgendwelche neuen Accounts sind nicht notwendig.

Das Start-up nennt die Idee etwas großspurig "die einzige offene Kommunikations-Experience der Welt". Tatsächlich ist der Ansatz nicht unintelligent: Die meisten neuen Web-2.0-Dienste nerven die Nutzer tatsächlich mit einer Masse neuer Accounts, sodass man seine Freunde oftmals erst nach langem Suchen wiederfindet. Das Festmachen von mehreren Kommunikationsarten allein an der bekannten E-Mail-Adresse wirkt dagegen sehr elegant.

Elad Hemar, Gründer und CEO von Yoomba, erklärt seine Vision gegenüber dem Newsletter "Israel21c" so: "Es wird nicht mehr lange dauern, bis wir die ersten Menschen sagen hören, man solle sie doch auf ihrer E-Mail-Adresse anrufen." Denn: "Wenn man seine elektronische Post Yoomba-kompatibel macht, wird sie wie eine Telefonnummer."

Das clevere dabei ist die Integration. Die Yoomba-Software klingt sich auf Wunsch in Mail-Programme wie Outlook und Outlook Express ein. Noch interessanter: Auch Webmail-Dienste werden abgedeckt. So taucht mit installiertem Yoomba ein Anrufzeichen bei Hotmail, Yahoo Mail oder Google Mail auf. Man muss es nur noch anklicken, um die jeweilige Person direkt aus einer Nachricht heraus anzurufen.

Proprietären Diensten wie Skype hat Yoomba dabei den Kampf angesagt: Mit der Software soll es möglich sein, jeden per Chat oder Sprache zu erreichen – und zwar kostenlos. Laut Hemar ist das ein dringliches Problem: "Es gibt Situationen, in denen Menschen vier verschiedene Online-Identitäten und vier verschiedene Adressbücher führen müssen, nur um 20 Personen zu erreichen. Das ist keine Sofortkommunikation mehr."

Im Gegensatz dazu seien Handys und E-Mail direkt – man braucht nur die jeweilige Nummer oder Adresse zu kennen, schon könne man loslegen. Genau diese Flexibilität soll Yoomba nun in die Web-Kommunikation einführen. Telefoniert wird wie von Skype & Co. gewohnt per Headset.

Um die Aufgabe zu meistern, hat Yoomba von zwei großen Risikokapitalfirmen Gelder in einer ersten Runde aufgenommen – im Bereich mehrerer Millionen Dollar, wie Insider munkeln. Der Wert soll für so junge israelische Firmen besonders hoch sein, gibt sich Hemar stolz.

Das Wachstum von Yoomba geht gut voran – einen Monat nach dem Start will das Unternehmen bereits 500.000 Nutzer aus mehr als 50 Ländern eingesammelt haben. Die Anmeldung geht herzlich einfach: E-Mail-Adresse auf der Website eingeben, Registrierungsmail anklicken, Download, loslegen.

Die schnelle Verbreitung könnte aber auch mit aggressivem Marketing zu tun haben: Es ist recht einfach, als Neunutzer sein gesamtes Adressbuch mit Yoomba-Einladungen zu beschicken, was dem Unternehmen den Vorwurf des Spammings einbrachte. (ICQ wuchs einst durch ähnlich virale Effekte, die einigen Nutzern auf die Nerven gingen.)

Yoomba-Boss Hemar sieht sich bereits in einer Liga mit Skype: "Wir haben seither kein Kommunikationsnetzwerk mehr gesehen, das ähnlich schnell wuchs." Yoomba setzt intern ähnlich wie Skype auf eine Peer-to-Peer-Struktur.

Das Versprechen, mit Yoomba alle Menschen erreichbar zu machen, ist jedoch noch nicht erfüllt: Wer keinen Windows-Rechner besitzt, schaut zunächst in die Röhre, da weder Mac- noch Linux-Versionen vorliegen. An einer Version für Apple-Fans arbeitet Yoomba aber nach eigenen Angaben bereits. (bsc)