Pläne für eine gigantische Solaranlage in Kalifornien

In Kalifornien soll ein Solar-Kraftwerk mit 500 Megawatt Leistung entstehen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Tim Gnatek
Inhaltsverzeichnis

Die in den USA immer häufiger vorkommende Stromknappheit motiviert die dortigen Energiekonzerne, die Verwendung alternativer Energien voranzutreiben. Auch die Regierenden ziehen mit: Bereits 20 US- Bundesstaaten haben Standards für die Nutzung erneuerbarer Energiequellen verabschiedet, darunter Colorado, Massachusetts, New Jersey und New Mexiko.

Auch der ständig steigende Ölpreis sorgt dafür, dass die Energieversorger nach alternativen Energiequellen suchen. Der Trend ist besonders in Kalifornien sichtbar -- in dem äußerst energiehungrigen Bundesstaat kommen so genannte "Rolling Blackouts", also zeitweise Stromabschaltungen ganzer Gebiete, noch immer vor. Da ist es kein Wunder, dass gerade Kalifornien an der Umsetzung des größten Solar-Energie-Projektes aller Zeiten arbeiten. Der lokale Energieversorger Southern California Edison (SCE) plant zusammen mit dem Solar-Spezialisten Stirling Energy Systems aus Phoenix eine gigantische Solarstromanlage. SCE besitzt aktuell 13 Millionen Kunden.

Schon jetzt ist der kalifornische Energieversorger der größte Einkäufer von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in den USA. Mehr als 2500 Megawatt der Energie, die an die Kunden gehen, stammen entweder aus Wind-, Erdwärme-, Solar-, Biomasse- oder Wasser-Kraftwerken. Das sind rund 18 Prozent der Gesamtenergiemenge.

SCE will nun mehr als 500 Megawatt Solar-Strom von Stirling Energy Systems einkaufen -- das reicht für 278.000 Haushalte und wäre mehr, als alle bisherigen US-Solar-Projekte zusammengenommen produzieren. Obwohl keine finanziellen Einzelheiten des Deals bekannt wurden, betont SCE, dass die neue Anlage keine Beihilfen der kalifornischen Regierung benötige.

Der Aufbau der Anlage beginnt zunächst mit einem Pilotprojekt. Ein Proof-of-Concept-System mit 40 so genannten Solarschüsseln soll rund ein Megawatt Energie produzieren. Dieser Testlauf wird in den nächsten 18 Monaten durchgeführt. Ist das Ergebnis positiv, will Stirling Energy Systems in den nächsten vier Jahren ein Netz aus 20.000 Solarschüsseln aufbauen, die eine Fläche von mehr als 1800 Hektar abdecken werden. Das Gebiet ist vier Mal so groß wie die Fläche der berühmten National Mall in Washington. Die Anlage soll im Wüstengebiet nordöstlich von Los Angeles aufgebaut werden.

"Aus unserer Perspektive kann Stirling bereits auf Laborniveau beweisen, dass die Anlage möglich ist", sagt SCE-Sprecher Gil Alexander. "Das könnte ein Wendepunkt für die Solarenergie in den USA werden."

Die Technik, die Stirling einsetzt, wurde Mitte der Achtzigerjahre vom Luftfahrtkonzern McDonnell-Douglas entwickelt. Statt auf Photovoltaik-Panels setzt man dabei auf Motoren, die durch die von der Sonne abgegebene Energie angetrieben werden. Jede der Solarschüsseln ist verspiegelt und rund mit einem Durchmesser von gut 11 Metern. Die Sonne wird über die Schüsseln reflektiert und auf den Stirling-Motor fokussiert. Dessen eigentlich Technik ist reichlich alt: Sie wurde bereits 1816 von dem Schotten Robert Stirling entwickelt und arbeitet mit Hilfe eines Gases im geschlossenen Kreislauf, das abwechselnd erhitzt und abgekühlt wird. Das SCE- Projekt wäre das erste seiner Art, bei dem diese Technik auf Kraftwerksniveau zum Einsatz kommt.

Stirling-Motoren sind leise, langlebig und geben fast keine Emissionen ab. Sie werden beispielsweise zur Kühlung verwendet, finden sich sogar in U-Booten. Im Brennpunkt des Spiegels können die Temperaturen auf bis zu 720 Grad Celsius ansteigen. Das im Motor enthaltene Wasserstoffgas dehnt sich darauf hin aus, was den Kolben eines elektrischen Generators bewegt.

Stirling Energy Systems betreibt bereits seit Januar ein System mit sechs Schüsseln auf dem Testgelände der Sandia National Laboratories in New Mexico. Dort zeigte die Firma, dass man aus einer Jahrhunderte alten Technologie eine effiziente Form der Energiegewinnung entwickeln kann. Dabei kommen modernste Materialien zum Einsatz. Außerdem wird eine Software verwendet, die den Lauf der Sonne verfolgt und Bewölkung und Wind einberechnet. Die sechs Solarschüsseln in New Mexico reichen aus, um sechs Häuser mit Strom zu versorgen. Praktischerweise ist der Stromausstoß genau dann am höchsten, wenn der Bedarf auch am höchsten ist: Zur heißesten Tageszeit, zu der die Amerikaner gerne ihre Klimaanlagen aufdrehen. "Unsere Systeme erreichten eine Maximaleffizienz von 29,4 Prozent. Das ist bei der Umwandlung von Solarenergie zu Starkstrom ein neuer Rekord", sagt Stirling-CEO Bruce Osborn.

Auch neutrale Beobachter sehen in der Stirling-Technik einen guten Ansatz. "Das System ist enorm effizient", meint Frank Wilkins, Teamleiter im Bereich Sonnenenergie/Thermische Energie in der Abteilung für erneuerbare Energien des US-Energieministeriums. "Die Technik ist modular und braucht nur wenig Wasser, was beim Aufbau in Wüstengegenden kritisch ist. Ich halte sie für das beste Solar- Energie-System, das man derzeit bekommen kann." Stirling Energy Systems könne von dem Projekt nur profitieren und im Energiemarkt insgesamt wettbewerbsfähiger werden.

Trotz seiner optimistischen Grundhaltung fragt sich Ministeriumsmann Wilkins aber trotzdem, ob sich die Technik auch auf Kraftwerksgröße anwenden lässt. "Systeme mit 40 Schüsseln sind noch nie gebaut werden, viele der Bauteile mussten bislang noch nicht auf ein solches Ausmaß skaliert werden." Bislang könne noch niemand sagen, wie teuer der Betrieb und die Instandhaltung einer solchen Anlage werde. Und dann wären da auch noch die Kosten der Technik selbst.