Apple: Wechsel mit Glanz und Gloria

Ein halbes Jahr früher als angekündigt hat Apple erste Mac-Rechner mit Intel-Herz vorgestellt. Es ist ein gewagtes Spiel – und könnte sogar klappen.

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Als Apple-Boss Steve Jobs der versammelten Apple-Gemeinde im Sommer 2005 mitteilte, man werde mit seinen Mac-Rechnern von der lange, lange Jahre verwendeten PowerPC-Plattform hin zu Intel-Chips wechseln, konnten es viele Nutzer kaum glauben. Der durchaus pragmatische Schritt wäre schließlich vor nicht allzu langer Zeit absolut undenkbar gewesen: Macs laufen mit PowerPC-Chips, PCs mit Intel - so war es und so sollte es auch immer bleiben. Hatte sich Apple mit IBMs G5-Prozessoren nicht erst kürzlich die neueste und großartigste PowerPC-Architektur auf 64-Bit-Basis ins Haus geholt?

Deren Attraktivität sank allerdings in den gut zwei Jahren nach ihrer Vorstellung recht schnell. Der Grund: IBM kam mit der Produktion kaum hinterher, produzierte Ausschuss und schaffte es nicht, die von Steve Jobs bereits im Sommer 2003 angekündigte 3 GHz-Marke zu knacken - übrigens bis heute nicht. Und die Verwendung von G5-Prozessoren in der Apple-Profi-Notebook-Linie PowerBook war ebenfalls nicht möglich, da sich die Chips dort nicht vernünftig kühlen ließen. "Wir haben jedwede Autorität auf diesem Planeten befragt", so ein betretener Jobs, der die Enttäuschung seiner Nutzerschaft reflektierte.

Jobs' Mantra zum Intel-Switch war hingegen einfach und einprägsam: Man wolle künftig auf die Zählweise "Leistung pro Watt" setzen. Und genau dort sei Intel gegenüber IBM eben führend, sodass man dessen Prozessoren mit hoher Geschwindigkeitsausbeute problemlos in Profi-Notebooks verbauen könne. Experten teiten Jobs' Meinung zwar, finden Intel-Chips zum Teil aber ebenfalls zu warm. Was auch immer die wirklichen Gründe für den Intel-Switch waren (Industrie-Insider meinten zwischenzeitlich auch, Jobs sei schlicht sauer auf IBMs Konzentration auf Spielekonsolen-Prozessoren), ready or not, er kommt.

Seit gestern ist das allen Apple-Nutzern klar: Da kündigte Steve Jobs auf der Keynote der wichtigsten Mac-Messer der Welt, der Macworld in San Francisco, die verfrühte Verfügbarkeit von Intel-Macs an. Ein ganzes halbes Jahr früher, um genau zu sein: Eigentlich sollten Intel-Macs (mancher nennt sie auch "Mactels") erst im Sommer 2006 ausgeliefert werden. Die ersten Modelle, die Apple anbietet, sind recht klug: Man verbaut Intel-Chips (Core Duo, vormals "Yonah") in der populären Multimedia-Rechner-Linie iMac, die auch mit Intel-Bestückung nicht anders aussieht, als ihr erst im Oktober vorgestelltes Vorgängermodell. Den Reiz macht die Geschwindigkeit aus: Die neuen Chips leisten zumindest in Benchmarks zwei bis dreimal so viel, schließlich enthalten sie im Gegensatz zum vormals verwendeten G5-Chip auch zwei Prozessorkerne. Zum gleichen Preis wie ihre Vorgängermodelle im Angebot, dürfte der iMac-Wechsel besonders "smooth" vonstatten gehen: Eigentlich wechselt hier nur das Prozessoren-Herz. (Nur diejenigen, die sich kürzlich einen iMac G5 kauften, ärgern sich mächtig.)

Zweiter Intel-Mac wird das so genannte MacBook Pro. Erst im Februar zu haben, ist dies die Erfüllung des lange gehegten Wunsches der Apple-Freunde, endlich wirklich leistungsstarke Notebooks zu erhalten. Das Gerät sieht aus wie ein PowerBook mit 15-Zoll, besitzt aber ebenfalls einen Core Duo-Chip von Intel mit bis zu 1,83 GHz. Die Ausstattung entspricht nahezu dem Vorgängermodell, wobei Apple merkwürdigerweise keine direkten Angaben über die Batterielaufzeit macht; aus welchem Grund ist bislang unklar. Trotzdem dürfte sich der Mac-Hersteller vor Bestellungen nicht retten können - schließlich lässt sich das Gerät problemlos als "schnellstes Mac-Notebook aller Zeiten" bezeichnen.

Einen Bereich innerhalb der gestrigen gloriosen Keynote haben wir bislang ausgeklammert: Die Software. Schließlich muss diese angepasst werden, damit PowerPC-Anwendungen auch auf Intel-Chips laufen. Hier gibt Apple freudig Entwarnung: Das ebenfalls gestern erschienene Mac OS 10.4.4-Update sei bereits nativ für Intel-Chips programmiert – mit allen Einzelteilen. Auch die neuen Multimedia- und Produktivitätspakete iLife '06 und iWork '06 sind bereits voll Intel-fähig. Und auch die Shareware- und Freeware-Gemeinde bastelt heftig an so genannten "Universal Binaries", die auf beiden Plattformen laufen: Sind die Anwendungen in Apples Entwicklungsumgebung Xcode/ Cocoa entstanden, muss relativ wenig verändert werden, der Umstieg sollte nicht lange brauchen.

Anders sieht es allerdings bei Profi-Anwendungen aus. Die oftmals intern zu Teilen auf uraltem Legacy-Code aufbauenden Programme aus Softwarehäusern wie Adobe und Macromedia benötigen eine größere Anlaufphase - ebenso wie Microsofts auf dem Mac populäres Office 2004- Paket. Ein Trick soll den Übergang erleichtern: Mit Rosetta, einer intelligenten Echtzeit-Emulation, soll PowerPC-Code auch auf Intel- Macs laufen. Das klappt allerdings nicht immer: Hardware-nahe Anwendungen machen Probleme. Selbst Apples so genanntes Pro-App-Paket, bestehend aus Anwendungen wie Final Cut Pro, Aperture und Logic, auf das Armeen von Video-Gestaltern und Soundtüftlern angewiesen sind, läuft nicht mit Rosetta. Hier werden die Anwender bis März warten müssen - dann will Apple "Universal Binaries" anbieten, allerdings gegen eine kleine Gebühr. Office 2004 und Adobe-Anwendungen wie Photoshop laufen hingegen unter Rosetta - nicht in der alleroptimalsten Geschwindigkeit, aber immerhin (das gab selbst Steve Jobs zu). An Universal Binaries führt auf Dauer aber kein Weg vorbei: Nur mit diesen wird die Leistungsfähigkeit der neuen Intel-Chips ausgenutzt. Den Apple-Freunden steht also noch ein recht langer und mitunter steiniger Weg bevor. Schlimmer als andere Switch-Vorgänge (etwa von "Classic" auf Mac OS X) wird der aber wohl nicht werden.

Zu guter Letzt ergibt sich aus den neuen Intel-Macs noch eine weitere interessante Frage: Läuft auch Windows auf den Kisten? Theoretisch ja, schließlich handelt es sich um Intel-Mainboards plus bekannter Chips. Während Mac OS X vorerst nicht auf Wald-und-Wiesen-PCs läuft (Apple verwendet einen Kopierschutz, den Hacker aber womöglich knacken könnten), ist Windows auf Macs durchaus eine realistische Idee. Erste Anleitungen für "Dual Boot"-Systeme werden sicher schnell im Internet auftauchen. Was jedoch noch wesentlich attraktiver wäre: Da in den neuen Intel-Macs Windows-kompatible Systeme stecken, könnte man Windows auch direkt unter Mac OS X in hoher Geschwindigkeit emulieren. Das hätte den Vorteil, dass die Nutzer bei ihrem Lieblingsbetriebssystem bleiben könnten, das darüber hinaus auch noch als wesentlich sicherer gilt als Windows. Wahrscheinlich hat sich das Steve Jobs auch so gedacht.

Von Ben Schwan. (wst)