JetBrains überdenkt Toolbox-Modell und bessert nach

Anfang September 2015 stellte das Software-Unternehmen ein neues, Abos zur Grundlage nehmendes Vertriebsmodell seiner Entwicklerprodukte vor. Nach den heftigen Reaktionen bessert JetBrains nun nach.

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Von
  • Julia Schmidt
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Gut drei Wochen nachdem der durch IDEs wie IntelliJ IDEA bekannte Toolanbieter JetBrains sein neues Lizenzmodell vorgestellt hat, meldet sich Co-CEO Maxim Shafirov mit einigen finalen Änderungen zu Wort. Geplant war, ab dem 2. November alle Werkzeuge nur noch im Abo bereitzustellen, ähnlich dem Vorgehen von Microsoft mit Office 365 oder Adobe mit seiner Creative Cloud. Da im Zuge dessen unter anderem einige Preisangleichungen vorgenommen wurden und sich einige Nutzer in ihrer Wahlfreiheit, wenn es um Updates geht, beraubt sahen, traf die Meldung auf viel Unverständnis. Deshalb wurden nun einige Nachjustierungen vorgenommen.

Shafirov entschuldigte sich in seinem Blogeintrag dafür, dass man es wohl versäumt habe, die Gründe hinter der Änderung ausreichend zu kommunizieren und alle Nutzergruppen gebührend zu berücksichtigen. Die Umgestaltung habe vom Unternehmen durchgeführte Befragungen und Nachforschungen zur Grundlage genommen und erst das Feedback hätte diese Schwachstellen aufgedeckt.

Um rentabel bleiben zu können, werde man an der Einführung des Abo-Modells im November 2015 festhalten, allerdings seien die Bedenken bei ihm angekommen. Da viele kritisierten, dass sie nun zu Updates gezwungen seien, sollten sie nicht auf eine neue Version wechseln wollen, hat das Unternehmen unbefristete Lizenzen wieder in leicht abgeänderter Form in sein Programm aufgenommen: Anwender, die entweder 12 Monate in Folge für ein Produkt bezahlt oder ein Abo auf Jahresgrundlage abgeschlossen haben, erhalten eine unbefristete Lizenz der Version des Tools, das im ersten Monat beziehungsweise zum Zeitpunkt des Aboabschlusses aktuell war.

Darüber hinaus will JetBrains die Nutzer mit Vergünstigungen belohnen, die ihr Abo länger als ein Jahr in Folge nutzen. So soll es nach den ersten 12 Monaten ununterbrochener Aktualisierung 20 Prozent geben, nach 24 Monaten steigt der Rabatt auf 40 Prozent. Um das neue Modell attraktiver zu machen, sollen wohl die Anwender, die zum Zeitpunkt der Umstellung Upgrades abonniert haben oder deren Abo seit weniger als einem Jahr abgelaufen ist, ein Zwei-Jahres-Abo zum Preis von dem eines Jahres mit zusätzlichen 40 Prozent Rabatt erhalten.

Sollte es aufgrund von Unternehmensvorschriften oder ähnlichem nicht möglich sein, einen JetBrains-Account zu führen, gibt es die Option eines Lizenzschlüssels. Unternehmen, in denen etwa aus Sicherheitsgründen der Zugang zum Internet untersagt ist, sollen ebenfalls mit Offline-Schlüsseln oder lokalen Lizenzservern die Möglichkeit haben, die Tools weiterhin zu nutzen. Findet die Bezahlung pro Monat statt, muss die Software sich innerhalb eines Monats über das Internet validieren können. Ist das für mehr als 30 Tage nicht möglich, weist das Programm wohl in Verbindung mit einer Frist auf die Notwendigkeit einer Verbindung zum Server hin.

Shavirov war wohl von der Befürchtung einiger Nutzer überrascht, JetBrains würde sich mit der Modellumstellung eine Hintertür bauen wollen, um langsam die Preise anziehen zu können, sobald die Nutzer sich durch ein Abo abhängig gemacht hätten. Der Hauptbeweggrund, den man wohl offener hätte kommunizieren müssen, sei der Wunsch gewesen, ein langfristig für das Unternehmen rentables Modell aufzubauen. Zwar habe man in den letzten Jahren wohl immer neue Anwender gewinnen können, aber dies sei kein nachhaltiges Konzept, da irgendwann eine Sättigung erreicht sei. Niedrige Einstiegskosten für neue Nutzer und ein aus Unternehmenssicht verständlicheres Modell würden allerdings mit den Änderungen einhergehen und sollten so auch für den Nutzern Vorteile bringen. Weiterhin habe man unterschätzt, wie stark der Unterschied zwischen einer herunterladbaren IDE und einem Abo-Dienst für einige Nutzer sei, allerdings hoffe man, mit den Nachbesserungen bei den unbefristeten Lizenzen die damit verbundenen Bedenken auszuräumen.

Den ersten Kommentaren zufolge fühlen sich viele Nutzer durch die Änderungen erhört und können nun besser mit dem neuen Modell leben. Andere hingegen sehen immer noch Probleme, etwa wenn es um die dauerhaften Lizenzen geht. So herrscht in vielen Fällen Unmut über den Fakt, dass die "Perpetual Fallback License" für die erste abonnierte Version gilt und nicht für die nach 12 Monaten aktuelle, wodurch sie dann gezwungen wären, wieder mit der alten Version zu arbeiten, die eventuell mit in der Zwischenzeit gemachten Einstellungen oder anderen Anpassungen Probleme habe.

Einige führten auch an, dass JetBrains Schritt angesichts der kostenlosen Open-Source-Konkurrenz gefährlich sei: So würde man Nutzer in deren Arme treiben. Anfang September hatte bereits Eclipses Mike Milinkovich Anstoß an der Bekanntmachung des Unternehmens genommen und warnte seine Anhänger vor den Gefahren kommerzieller Anbieter. Gleichzeitig gab er aber auch zu, dass IntelliJ IDEA ein großartiges Produkt sei und Eclipse in letzter Zeit nicht in dem Maße voranschreite, wie man es gern hätte, weshalb man weiter auf Hilfe angewiesen sei. Mit etwas Abstand betrachtet müssten Entwickler in jedem Fall investieren. (jul)